Tag Archiv für nahostkonflikt

Ausstellung und Veranstaltungsreihe: Internationalismus bedeutet Solidarität und Hoffnung!

Hände weg vom Wedding, Interbrigadas e.V. und ich präsentieren eine Ausstellung sowie eine Veranstaltungsreihe im Rahmen der Jubiläumswochen „2 Jahre Interbüro“ – unter dem Motto: “ Internationalismus bedeutet Solidarität und Hoffnung! ¡Internacionalismo significa solidaridad y esperanza!

Vom 31. Mai bis zum 14. Juni wird die Ausstellung „Tamara Bunke – Eine Biographie zwischen Mythos und Wirklichkeit“ im Kiezhaus und damit erstmalig im Wedding zu sehen sein.

Alle Veranstaltungsankündigungen und Termine findet ihr auf dieser Seite.
Wir freuen uns auf euren Besuch!

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Von zwei konkurrierenden rechten Blöcken

Zigtausende gehen derzeit gegen die AfD auf die Straße. Endlich – denke ich dabei irgendwie. Ich habe viel zu viele Erinnerungen an verschwindend kleine Proteste gegen die braun-blaue Partei. Heutzutage werden ein Verbotsverfahren gegen diese faschistische Partei oder zumindest ein Grundrechteentzug für Björn Höcke gefordert. Jetzt sind die Menschen endlich aufgewacht – könnte man denken. Doch ist das so? Die AfD hat mittlerweile ca. 30 Prozent der Wähler*innenstimmen hinter sich. Eine Partei mit dieser Relevanz wird man nicht einfach verbieten können. Werden Höcke seine politischen Grundrechte entzogen, macht man ihn damit nur zum Märtyrer, der aus dem Hintergrund weiter die Strippen ziehen wird. Nein, die AfD kann aktuell nur politisch bekämpft werden. Genau das Gegenteil passiert aber. Man treibt ihr die Menschen geradezu in die Arme. Schon 2020 haben wir damit ganz offensiv begonnen. Viel zu schnell waren große Teile von den damaligen Linken bereit, bedingungslos auf den Kurs staatlicher Maßnahmen umzuschwenken. Und selbst jene, die wie ich in vielen Punkten kritisch geblieben sind, haben sich spätestens durch die medialen Kampagnen zum Impfen vereinnahmen lassen. Damit meine ich gar nicht, dass die Entscheidung, sich zum Selbstschutz impfen zu lassen, und eine klare Abgrenzung gegen antisemitische Hetzer*innen, gegen die ich mich auch in mehreren Posts gerichtet hatte, nicht richtig gewesen wären. Natürlich war die AfD-nahe Querdenken-Bewegung ein rechter Haufen. Aber dass auch ich Menschen mit Angst vor den möglichen Nebenwirkungen von Impfungen gleich in diese Ecke gestellt habe, das tut mir heutzutage, wo ich selbst Menschen mit teils heftigen Impfnebenwirkungen durch die Covid-19-Impfung kenne, leid. Verstärkt wird dies noch, wenn man sich bewusst macht, dass die Impfungen niemals wie medial propagiert vor Ansteckungen geschützt haben, dies den politischen Entscheidungsträger*innen von Anfang an bewusst war und die individuelle Entscheidung gegen eine Impfung doch all zu schnell als Zeichen der Rücksichtslosigkeit dargestellt wurde. Selbstreflexion legt an dieser Stelle offen, wie sehr man selbst an der Einengung des Debattenraumes beteiligt war. Wir haben im eigenen irrationalen Umgang mit der Angst vor der Krankheit genau damit begonnen, was im Rahmen medialer Gleichschaltung bis heute zum Hauptreflex im Umgang mit anderen Meinungen geworden ist. Wir haben den Menschen mit Impfängsten quasi gesagt, dass sie bei der AfD am besten aufgehoben seinen. Die Rechtspopulist*innen konnten sich als »Kümmerer« inszenieren. Toll.

Dann kam 2022 die Eskalation des Krieges in der Ostukraine durch die offene Intervention Russlands, die in einer Invasion und einer enormen Eskalation der Kampfhandlungen mündete. Anders als im Fall der Covid-19-Pandemie ließ ich mich diesmal nicht von irrationalen Ängsten oder anderen Gefühlen täuschen. Ich war mir der Vorgeschichte des Konfliktes von Anfang an bewusst und habe diese in Diskussionen immer wieder mit benannt. Nun wurde auch ich abgestempelt. Selbst mein zweitlangjährigster Freund begann, mich als Putin-Versteher und Mensch nahe der AfD zu diffamieren, obwohl ich mich niemals auf deren Seite geschlagen hatte. Bei Kritik an westlicher Kriegspolitik wurde einem nun immer wieder zuerst ein Bekenntnis gegen die Invasion in der Ukraine und gegen den Diktator Putin abverlangt, dann jedoch trotzdem häufig behauptet, man stehe auf der Seite des vermeintlich einzig Bösen, auf der Seite Russlands. Diese Form der Gesinnungskontrolle wurde zum festen Bestandteil unserer Gesellschaft. Erst vor kurzem forderte Habeck von Menschen mit Migrationshintergrund, dass sie sich pauschal von der Hamas distanzieren müssten. Wann aber forderte denn mal jemand, dass sich alle Bayer*innen von Hubert Aiwanger distanzieren müssten? Warum soll man sich pauschal von etwas distanzieren, womit man sowieso nichts zu tun haben will? Ich muss mich weder von Putin, noch von der Hamas, noch von der Ukraine, Israel oder den USA distanzieren, weil ich mit nichts von alledem jemals etwas gemein hatte. Warum fordert man stattdessen nicht endlich, dass Selenskyj sich von dem von ihm als Helden benannten Faschisten und Antisemiten Stepan Bandera zu distanzieren? Weil alle wissen, dass er diesen verehrt und das auch noch gut finden. Die ständigen Forderungen nach Distanzierungen sind nichts anderes als moralistische Versuche, die eigene Meinung als die überlegene darzustellen und die andere Position gleichsam zu delegitimieren. Und wer sich nicht distanziert, wer Frieden fordert und nicht etwa, wie die Waffenlobbyistin Marie-Agnes Strack-Zimmermann, immer neue Waffen, der wird dann der AfD in die Arme gezwängt. Mit Scheinforderungen wie jener nach einer Reichensteuer, die in einem kapitalistischen Wirtschaftssystem niemals von dessen politischem Überbau umgesetzt werden wird, lenkt man dann nur davon ab, dass jene Gelder, welche für Bildung, Klimaschutz und Infrastruktur fehlen, in den militaristischen Umbau der Gesellschaft gesteckt werden. Im vergangenen Jahr wurde für 2024 ein Haushaltsloch von 60 Milliarden Euro festgestellt, während 90 Milliarden Euro in die Bundeswehr und immerhin 8 Milliarden Euro in die Fortführung des brutalen Krieges in der Ukraine fließen. Die Bauern, denen in diesem Rahmen ihre Subventionen gestrichen wurden, werden gleich mit der AfD zugerechnet. Wer der Situation dann nicht durch eine klare antifaschistische Position und eine dialektisch-materialistische Analyse begegnet, mag sich somit in die Arme der braun-blauen Rattenfänger*innen treiben lassen. Wieder toll.

Währenddessen betreibt die aktuelle Regierung auf Ebene der EU selbst eine migrationsfeindliche Politik, auf welche die Rassist*innen der AfD stolz wären. Dazu kommen die bereits erwähnte, von Habeck geforderte Gesinnungsprüfung für Menschen mit Migrationshintergrund und der Antisemitismusvorwurf gegen Linke. Beide stammen aus dem Repertoire von Rechten wie den Faschist*innen um Höcke und dienen nur dem Zweck, Kritik an einer brutalen Besatzung, Rassismus, Genozid und Krieg mit Antisemitismus gleichzusetzen und rassistische sowie anti-linke Ressentiments zu schaffen. Auch hier werden unsachliche Emotionen der Sachlichkeit vorgezogen. Die Geschichte des Nahostkonfliktes wird auf das Massaker durch die Hamas am 07. Oktober 2023 reduziert. Die Anklage gegen Israel vor dem Internationalen Gerichtshof (IGH) wird von der Seite der deutschen Bundesregierung und ihren Staatsmedien verächtlich gemacht, während man selbst sich logistisch munter am Völkermord an den Palästinenser*innen beteiligt. Zur Anklage gegen Russland wegen dessen Invasion in der Ukraine wird stattdessen lieber ein Sondertribunal ins Leben gerufen. Bei Erfolg soll kein Präzedenzfall vor dem IGH entstehen, welcher dann auch eine Verurteilung der westlichen Invasionen wie jenen in Vietnam, Afghanistan und Irak sowie vielfach in weiteren Ländern ermöglichen würde. Erneut handelt die mediale Maschinerie nach dem gleichen Muster der Diffamierung. Diesmal steht man näher an den AfD-Positionen, aber mit dem Vorwurf des Antisemitismus lässt sich dennoch trefflich um sich schlagen. Genug moralistisch-überlegene, sich links und vielleicht auch mal radikal fühlende Hippster machen mit. Verballhornungen des Antifa-Logos schwirren durch die unsozialen Medien. Klar stehen sie gegen die AfD, ist diese doch alles, was sie ablehnen. Hätten sie auch nur einen Bruchteil einer analytischen Faschismustheorie im Kopf, würden sie erkennen, dass die Gefahr, immer weiter nach rechts getrieben zu werden, derzeit von zwei Seiten ausgeht. Natürlich ist da die AfD zu nennen. Mit ihren Verbindungen zu Wirtschaftseliten und einer militanten Rechten mit positiven Bezügen sowohl zu autoritären Strukturen unter Putin in Russland als auch zu den faschistischen Milizen der Ukraine sowie ihrer Nähe zum »III. Weg« und der »Identitären Bewegung« ist sie eine nicht zu unterschätzende Gefahr, die immer noch weiter wächst. Jedoch sollte auch das aktuelle politische Establishment mit der Gleichschaltung von Staats- und Konzernmedien unter eine einheitliche Propaganda, ihre Vereinnahmung der aktuellen Proteste gegen die AfD, ihr Vorantreiben des Militarismus, ihre migrationsfeindliche Politik und ihr moralistisches Gesinnungsgehabe nicht unterschätzt werden. Nur weil die Gesellschaft gerade von zwei konkurrierenden rechten Blöcken vor sich hergeschoben wird, macht dies nicht den Einen besser und den Anderen schlechter. Wenn alte Freund*innen neofaschistischen Logiken anheimfallen, statt der Welt differenziert und analytisch zu begegnen, ist dies extrem besorgniserregend und an die verbliebenen Linken eigentlich ein Zeichen, dass es höchste Zeit zum Handeln ist, wenn sich Geschichte nicht wiederholen soll.

#WehretDenAnfängen!

Kurzerklärung »Antisemitismus« (Selbstverständnis des Hausprojekts Wilder Vogel)

Der Begriff des Antisemitismus ist umkämpft, wie kaum ein anderer. Wo er die Ideologien von Neonazis und Hamas-Sympathisant*innen recht gut labelt, wird er von Antideutschen und der israelischen Regierung als bloßer Kampf- und Propagandabegriff für nationalistische Zwecke sinnentleert. Marxistische und anarchistische Jüd*innen werden diffamierend als »self-hating Jews« deklariert. Dem setzte die Jewish Antifascist Action Berlin zuletzt ein Manifest entgegen und auch das Hausprojekt Wilder Vogel hat dem Begriff des Antisemitismus in seinem Selbstverständnis eine Kurzbeschreibung gewidmet, die hier wiedergegeben sei:

Auch Antisemitismus ist eine biologistische (vermeintlich biologisch aber pseudowissenschaftlich argumentierte) Zuschreibung von bestimmten Charaktereigenschaften an eine Gruppe von Menschen, diesmal sind das Ziel dieser imaginierten und als »natürlich« aufgefassten Eigenschaften »die Juden«. Die Zuschreibungen werden dabei durch zwei Komponenten bestimmt: Der Zugehörigkeit zu einem angenommenen jüdischen »Volk« und dem Glauben an die jüdische Religion (wobei sich dieser Zwiespalt auch in jüdischen Diskussionen selber wiederfindet, Jüdischsein »vererbt« sich über das Vorhandensein einer jüdischen Mutter, was auch in Israel zu Konflikten mit sogenannten Vaterjuden führt, die einen jüdischen Vater und eine andersgläubige Mutter haben, sich aber dennoch der jüdischen Religion und dem israelischen Staat als gleichberechtigt verbunden fühlen). Die Diskriminierungslinien sind also schon von dieser zweifachen Zuschreibung her recht komplex. Weiterlesen

Für einen Internationalen Tag gegen Polizei, Staatsgewalt & Herrschaft

von https://againstpolice.blackblogs.org/international-day-inert-de/

Weltweit nimmt die Repression gegen linke und progressive Kräfte zu. Egal wohin der Blick auch schweift, sind libertärsozialistische (anarchistische) und autoritärsozialistische Kräfte in Verteidigungshaltungen gefangen.

  • In der Türkei morden staatliche Truppen unter Erdoğans AKP Kurd*innen und linke Oppositionelle.
  • Statt eine Suche nach Frieden zu betreiben, drehen sich Hamas und israelische Hardliner in einer Spirale der Gewalt, die alle Bemühungen um ein gerechtes Miteinander zerreibt.
  • In Syrien und Irak mordet Daesch – auch als »Islamischer Staat« (IS) bekannt – und dient den Imperialist*innen in den USA, Europa und Russland, sowie verschiedenen Regionalmächten nicht nur zum Führen geostrategischer Kriege, sondern auch um Überwachung und Repression im eigenen Land auszubauen.
  • Eine neoliberale aber auch kriegerische Unterwerfung Afrikas in Form eines neuen Kolonialismus wird seit Jahren voran getrieben.
  • Die Ukraine ist in einen blutigen Bürgerkrieg versunken, in dem Antifaschist*innen von faschistischen, staatsnahen Paramilitärs bedroht und gejagt werden. Ein wirkliches Interesse am Ende des Stellvertreterkrieges ist weder auf »westlicher« noch auf russischer Seite zu erkennen.
  • In Abya Yala – wie der Mittel- & Südamerikanische Kontinent von indigenen Aktivist*innen genannt wird – existiert zwar eine lange Tradition revolutionärer Kämpfe, doch auch dort steht derzeit ein von us-amerikanischen Interessen gesteuerter Rollback an.
  • In der Volksrepublik China wird der Begriff des Kommunismus von einer machtgeilen und korrupten Funktionärselite missbraucht, um zu verschleiern, dass sie längst im profitorientierten und gnadenlosen System des Kapitalismus angekommen ist.
  • Noch immer ermorden und demütigen in den USA, Europa und anderswo rassistische Cops ungestraft »People of Color«. Ein homogenes Bild einer »weißen« Gesellschaft scheint vielfach ganz normal.
  • Europa schottet sich mit Polizei und Armee gegen jene Menschen ab, die vor Krieg und Ausbeutung fliehen. Rassist*innen und Neonazis bleiben unbehelligt, während die Staatsmacht fleißig damit beschäftigt ist, linke und progressive Strukturen zu drangsalieren und zu zerschlagen.

Handlanger*innen und Mittäter*innen sind in allen diesen Fällen Polizei und staatliche Strukturen und Paramilitärs, die das Gewaltmonopol der Herrschenden mit aller Willkür und Brutalität durchsetzen.

Dagegen gilt es sich zur Wehr zu setzen. Und da die Zusammenhänge von Herrschaft, Repression und Kapital die Grenzen von Nationen global übergreifen, kann auch ein Widerstand gegen diese nur international funktionieren. Eine Überwindung von Staaten, Grenzen und einem System von Ausbeutung und Gewalt zugunsten einer Welt der Solidarität muss von uns allen getragen werden. One struggle, one fight!

Die Idee ist es, einen Internationalen Tag gegen Polizei, Staatsgewalt und Herrschaft am 13. Dezember 2016 zu organisieren, um ein gemeinsames Zeichen der Solidarität miteinander und des Kampfes gegen die Willkür der Herrschenden zu setzen. Hierfür können wir uns vernetzen oder uns auch einfach symbolisch aufeinander beziehen. In diesem Rahmen sollten sich zunächst lokale Gruppen finden, welche dann eine globale Vernetzung vornehmen können. Auch für bestehende international agierende Strukturen ist hier Platz. In Berlin, wo dieser inertiale Text gerade entsteht, soll es am entsprechenden Tag z.B. eine kraftvolle Demo sowie ein oder mehrere fette Konzerte geben.

Nicht alle Mechanismen der Unterdrückung lassen sich durch die Überwindung des Kapitalismus aufheben, aber keiner davon wird sich in dessen Rahmen auflösen lassen. Deshalb: Setzen wir der Vereinzelung in subkulturellen Szenen und starren Fixierungen auf einzelne Widersprüche ein Ende! Zeigen wir, dass wir viele sind! Seien wir eine Bewegung, die die Maßnahmen der Repression nicht fürchtet!

Hoch die antinationale Solidarität!
Hoch die internationale Solidarität!

https://againstpolice.blackblogs.org/cat/de/

thanks idf

thanks for dropping bombs on children
and defending the apartheid wall;

thanks for attacking lebanon and gaza
and for repressions against palestine in all.

thanks for indoctrinating the people
of israel with racism;

and in the end thanks for your work
of driving middle east into militarism.

 

Creative Commons CC BY-NC-ND by Meas Wolfstatze
(geschrieben am 14.04.2015)

ihr blickt euch an

ihr blickt euch an voll hass
und glaubt, ihr könnt versteh’n,
warum der sand vom blute nass;
könnt als geschwister euch nicht seh’n.

nach tel aviv fliegen raketen
und in gaza stirbt ein kind;
im lande heiliger propheten
macht krieg die menschen blind.

es ist nicht euer gott,
auch nicht die sprache, die euch trennt,
sondern der herrschenden komplott
und mit dem herzen ihr erkennt:

im krieg seid ihr nicht gut
und die anderen nicht böse;
zeigt gemeinsam wahren mut,
stoppt der waffen mordendes getöse.

nehmt einander an die hand,
werdet noch lange nicht versteh’n,
wie all der hass entstand;
beginnt, als geschwister euch zu seh’n.

 

Creative Commons CC BY-NC-ND by Meas Wolfstatze
(geschrieben am 24.07.2014,
als mp3 downloaden: mit Zargenbruch 2019_scheinwelt_-_cd_cover_front)

Stoppt das Morden – Das Schweigen brechen

Ein Aufruf zu einer Friedensdemo am 24.07. um 19:00 Uhr am Kotti, den ich auf jeden Fall teilen möchte, einfach weil er eines der differenziertesten Statements zum Thema Nahost enthält, den die (deutsche) Linke seit langem hervorgebracht hat:

Es herrscht Krieg im Nahen Osten. Seit Tagen führt die Israelische Armee eine blutige Militäroperation gegen die Bevölkerung im Gaza-Streifen und über 500 Menschen – zum größten Teil Zivilisten – sind bisher dabei ermordet worden. Erklärtes Ziel der israelischen Militärinvasion ist es, die militärischen und politischen Strukturen der islamistischen Hamas zu schwächen, doch wer in erster Linie darunter zu leiden hat, ist klar: Es ist die normale Bevölkerung im dicht besiedeltsten Ghetto der Welt, es ist die Bevölkerung des Gaza-Streifens.

Doch während alle Welt auf den israelisch-palästinensischen Konflikt schaut, führt einige hundert Kilometer entfernt in Nordsyrien die islamistische ISIS-Miliz eine ebenfalls blutige Bodenoffensive gegen die kurdische Enklave Kobané durch. Erklärtes Ziel der „Gotteskrieger“ ist es, das Projekt basisdemokratischer und kommunaler Selbstverwaltung, das im Schatten des syrischen Bürgerkrieges entstanden ist, im Blut zu ertränken. Denn die Kommune von Rojava und ihr auf Frauenbefreiung, Ökologie und Basisdemokratie aufbauender Gesellschaftsentwurf stellen im Grauen des syrischen Bürgerkrieges eine emanzipatorische Alternative zur Terrorherrschaft der ISIS auf der einen und der Unterdrückung durch das Assad-Regime auf der anderen Seite dar und wird deshalb von den islamischen Rackets gefürchtet und gehasst.

Aufgerüstet und bewaffnet wurde die ISIS-Miliz vor allem von der Türkei und den Golfstaaten. Allerdings haben auch der US-amerikanische Geheimdienst und andere imperialistische Player die Al-Qaida-Abspaltung im Kampf gegen das geopolitisch in Ungnade gefallene Assad-Regime anfangs unterstützt. Verletzte ISIS-Kämpfer wurde in israelischen Krankenhäusern behandelt und gesund gepflegt, um sie wieder fit für den Kampf gegen die libanesische Hisbollah und die regulären Streitkräfte der syrischen Regierung zu machen. Nachdem die ISIS im April schon einmal versucht hatte, die kurdischen Verteidigungslinien zu überrennen und dabei schwere Verluste hinnehmen musste, startete sie vor einigen Tagen – finanziell und militärisch – durch ihren Blitzfeldzug im Irak gestärkt den zweiten Versuch. Außerhalb der kurdischen Community wird dieser teilweise mit chemischen Waffen geführte Vernichtungsfeldzug gegen die „ungläubigen Kurden“ im Gegensatz zu den Ereignissen im Gaza-Streifen kaum wahrgenommen.

Dies ist umso tragischer da die Kommune von Rojava im Irrsinn des gegenseitigen Abschlachtens, der im Nahen Osten seit fast 100 Jahren herrscht, einen emanzipatorischen Lichtblick darstellt, der sich nicht geostrategisch vor den Karren imperialistischer Akteure spannen lässt und der nationalistischen Spaltung die Vision eines gemeinsamen selbstbestimmten und freien Lebens entgegenhält. Weil ihr Kampf sich der nationalstaatlichen Sackgasse verweigert und nicht geeignet ist, liebgewonnene Feindbilder zu pflegen und sich im Gegensatz zu ISIS, Israel oder auch der Hamas nicht für die geostrategischen Interessen verschiedener Staaten nutzbar machen lässt, fällt ihre internationale Lobby leider sehr klein aus.

 

Entweder oder? – Weder noch! Seien wir realistisch, versuchen wir das unmögliche.

Anders sieht es bei Israel und Palästina aus. Beide Seiten können sich vor (falschen) Freunden nicht retten. Israel bekommt bei seiner „erbarmungslosen“ Militäroffensive Rückendeckung von Rechtspopulisten, Rassisten, Islamophoben, abgedrehten (Ex)Linken, antisemtisch-christlichen Fundamentalisten und anderen Verteidigern des Abendlandes. Auf die Seite der Hamas und der mit ihr tragischerweise gleichgesetzten palästinensischen Bevölkerung schlagen sich sympathische Gestalten wie der türkische Ministerpräsident Erdogan, der Iran und andere arabische Regierungen herum, die Israel dringend brauchen um von ihren eigenen Problemen abzulenken und die potentiell aufmüpfige Bevölkerung mit einem gemeinsamen Feindbild ruhigzustellen. Dabei treffen sich in die andere Richtung abgedrehte (Ex)Linke, antisemtisch-islamische Fundamentalisten, Neonazis und Judenhasser aller Coleur. Die Propagandamaschinen beider Lager laufen heiß, mit der beständigen Wiederholung, die Weltöffentlichkeit würde sich sowieso nur mit dem Leid der Gegenseite beschäftigen. Erklärt wird dies wahlweise mit dem weltweit existierenden Antisemitismus der Medien oder eben der weltweiten jüdischen Steuerung genau dieser Medien.

Es scheint, dass beim Thema Israel-Palästina sämtliche Sicherheitssysteme durchknallen und alle Maßstäbe, die ansonsten gelten, über den Haufen geworfen werden. Dass im Krieg gelogen wird und zwar von jeder Seite, scheint nicht mehr bekannt zu sein. Parteilichkeit ist offensichtlich eine Pflicht und wer sich nicht klar und deutlich für die eine Seite bekennt, steht automatisch auf der Gegenseite und ist ein Feind. Doch so einfach wollen wir es den Kriegstreibern nicht machen. Wir lassen uns nicht vereinnahmen! Weder von rassistischen IDF-Fans noch von islamischen Fundamentalisten und Antisemiten. Wir stehen ein für die Ideale einer weltweit befreiten Gesellschaft und sagen NEIN zu einem geistesgestörten Krieg, an dem so ziemlich alles falsch ist, was nur falsch sein kann. Wir verurteilen die Luftangriffe und militärischen Operationen der IDF, die hunderten unschuldigen Palästinensern das Leben kostet. Wir verurteilen auch die politischen und militärische Strategie der reaktionären Hamas, die den Palästinensischen Widerstand in eine fatale Sackgasse führt. Eine erneute Militarisierung des Konfliktes kommt auch ihr grade Recht um von ihrer desaströsen politischen Bilanz abzulenken. Ihre Raketenangriffe zielen dabei darauf, die israelische Zivilbevölkerung zu treffen und nur ihrer massiven militärischen Unterlegenheit ist es zu verdanken, dass der „Death Count“ auf israelischen Seite bescheiden ausfällt. Wir haben keinen Zweifel, dass die Hamas, hätte sie die militärische Feuerkraft der israelischen Armee, diese ohne zu Zögern gegen die israelische Bevölkerung einsetzten würde. Jedoch ist diese militärische Unterlegenheit der Hamas auch kein Zufall der Geschichte oder auf die notorische Unfähigkeit der „barbarischen“ Araber zurückzuführen, sondern das Ergebnis von über 100 Jahren kolonialistischer und imperialistischer Unterwerfungspolitik des Westens, für die Israel neben der Türkei der wichtigste Statthalter in der Region ist. Wir verurteilen die rassistische Verhöhnung der Opfer, die im Rahmen einer bedingungslosen Israel-Solidarität geschieht, ebenso wie die antisemitischen und judenfeindlichen Übergriffe der letzten Tage, die im Rahmen der Palästina-Solidarität verübt wurden. Wir solidarisieren uns mit allen Gruppen und Parteien in Israel und Palästina, die sich gegen die imperialistische Politik der Nationalisten und den religiösen Wahn der Islamisten wenden, egal wie klein, egal wie unbedeutend, egal wie wenige sie sind.

Unsere Solidarität gilt den Menschen die unter dem Krieg zu leiden haben. Unsere Solidarität gilt den linken Gruppierungen, LGBTs, und Graswurzelbewegungen, die durch die reaktionäre Herrschaft der Hamas unterdrückt werden, genauso wie den linken Aktivisten in Israel, die von zionistischen Rechtsextremisten und der Polizei angegriffen werden. Unsere Solidarität gilt Jüdinnen und Juden auf der ganzen Welt, die in diesen Tagen mit Hass und Diffamierungen überzogen werden und persönlich für die Politik der israelischen Regierung verantwortlich gemacht werden. Wir verurteilen diese Angriffe aufs schärfste, genauso wie wir die Angriffe auf das Leben der unzähligen palästinensischen Frauen, Männer und Kinder verurteilen, die in diesem Wahnwitz ermordet wurden. Jeder Tote ist genau ein Toter zu viel und um jeden Toten trauert eine Frau, eine Mutter, ein Vater, ein Bruder, eine Tochter oder ein Sohn, weil der geliebte Mensch nicht mehr nach Hause kommen wird und fehlt. Stoppt diesen Wahnsinn! Entweder Israel oder Palästina? Entweder Assad oder ISIS? Diese Frage stellt sich für uns nicht.

Für die Menschen in Rojava, die linken Kräfte in Palästina und Israel stellen sich nur Fragen der Menschlichkeit: Entweder Faschismus oder Freiheit? Entweder Rassenhass oder friedliches Miteinander? Entweder Nationalstaat oder befreite Gesellschaft? Entweder Unterdrückung oder Gleichheit für alle? Entweder Ausbeutung oder ein Leben in Würde? Entweder kolonialer Imperialismus oder Selbstbestimmung? Entweder Krieg oder Friede? Entweder oder?

 

Solidarität mit den Menschen im Gaza-Streifen und Kobané!

Gegen Imperialismus, Besatzung, Nationalismus, Antisemitismus und Fundamentalismus!

Demo / Donnerstag / 24.Juli / 19 Uhr / Kottbusser Tor

(http://arab.blogsport.de/2014/07/23/24-juli-stoppt-das-morden-das-schweigen-brechen/)

gesperrt in die Wüste

Das folgende Gedicht habe ich während des letzten Überfalls gegen den Gazastreifen im November 2012 geschrieben. Es richtet sich gegen diese Außenpolitik Israels, nicht gegen Menschen jüdischen Glaubens. Es gilt Antisemitismus überall und mit aller Kraft entgegenzutreten. Nur stelle ich mich auch dagegen dieses durch Nationen, Kriege und Unterdrückung erreichen zu wollen. Aus Unterdrückung kann niemals Freiheit entstehen.

 

Der Verzweiflung nah
und doch auch noch voll Mut;
gesperrt in die Wüste,
von Besatzungsmacht gequält,
die als Schutzraum sich dann sieht.
Nur Zynimus ist’s
und allem Leben Hohn.
Doch die Welt sieht weg,
ächtet Mordtat nicht,
nur jene, die dagegen steh’n.
Sie verrufen jene des Verbrechens schwer,
die den Frieden schaffen woll’n,
relativieren damit, was niemehr darf gescheh’n
und schlachten weiter immerzu.
Warum woll’n sie den Frieden nicht?
Menschlichkeit ich wein‘ mit dir.

 

Creative Commons CC BY-NC-ND by Meas Wolfstatze
(geschrieben am 16.11.2012)