Tag Archiv für reflexion

Von zwei konkurrierenden rechten Blöcken

Zigtausende gehen derzeit gegen die AfD auf die Straße. Endlich – denke ich dabei irgendwie. Ich habe viel zu viele Erinnerungen an verschwindend kleine Proteste gegen die braun-blaue Partei. Heutzutage werden ein Verbotsverfahren gegen diese faschistische Partei oder zumindest ein Grundrechteentzug für Björn Höcke gefordert. Jetzt sind die Menschen endlich aufgewacht – könnte man denken. Doch ist das so? Die AfD hat mittlerweile ca. 30 Prozent der Wähler*innenstimmen hinter sich. Eine Partei mit dieser Relevanz wird man nicht einfach verbieten können. Werden Höcke seine politischen Grundrechte entzogen, macht man ihn damit nur zum Märtyrer, der aus dem Hintergrund weiter die Strippen ziehen wird. Nein, die AfD kann aktuell nur politisch bekämpft werden. Genau das Gegenteil passiert aber. Man treibt ihr die Menschen geradezu in die Arme. Schon 2020 haben wir damit ganz offensiv begonnen. Viel zu schnell waren große Teile von den damaligen Linken bereit, bedingungslos auf den Kurs staatlicher Maßnahmen umzuschwenken. Und selbst jene, die wie ich in vielen Punkten kritisch geblieben sind, haben sich spätestens durch die medialen Kampagnen zum Impfen vereinnahmen lassen. Damit meine ich gar nicht, dass die Entscheidung, sich zum Selbstschutz impfen zu lassen, und eine klare Abgrenzung gegen antisemitische Hetzer*innen, gegen die ich mich auch in mehreren Posts gerichtet hatte, nicht richtig gewesen wären. Natürlich war die AfD-nahe Querdenken-Bewegung ein rechter Haufen. Aber dass auch ich Menschen mit Angst vor den möglichen Nebenwirkungen von Impfungen gleich in diese Ecke gestellt habe, das tut mir heutzutage, wo ich selbst Menschen mit teils heftigen Impfnebenwirkungen durch die Covid-19-Impfung kenne, leid. Verstärkt wird dies noch, wenn man sich bewusst macht, dass die Impfungen niemals wie medial propagiert vor Ansteckungen geschützt haben, dies den politischen Entscheidungsträger*innen von Anfang an bewusst war und die individuelle Entscheidung gegen eine Impfung doch all zu schnell als Zeichen der Rücksichtslosigkeit dargestellt wurde. Selbstreflexion legt an dieser Stelle offen, wie sehr man selbst an der Einengung des Debattenraumes beteiligt war. Wir haben im eigenen irrationalen Umgang mit der Angst vor der Krankheit genau damit begonnen, was im Rahmen medialer Gleichschaltung bis heute zum Hauptreflex im Umgang mit anderen Meinungen geworden ist. Wir haben den Menschen mit Impfängsten quasi gesagt, dass sie bei der AfD am besten aufgehoben seinen. Die Rechtspopulist*innen konnten sich als »Kümmerer« inszenieren. Toll.

Dann kam 2022 die Eskalation des Krieges in der Ostukraine durch die offene Intervention Russlands, die in einer Invasion und einer enormen Eskalation der Kampfhandlungen mündete. Anders als im Fall der Covid-19-Pandemie ließ ich mich diesmal nicht von irrationalen Ängsten oder anderen Gefühlen täuschen. Ich war mir der Vorgeschichte des Konfliktes von Anfang an bewusst und habe diese in Diskussionen immer wieder mit benannt. Nun wurde auch ich abgestempelt. Selbst mein zweitlangjährigster Freund begann, mich als Putin-Versteher und Mensch nahe der AfD zu diffamieren, obwohl ich mich niemals auf deren Seite geschlagen hatte. Bei Kritik an westlicher Kriegspolitik wurde einem nun immer wieder zuerst ein Bekenntnis gegen die Invasion in der Ukraine und gegen den Diktator Putin abverlangt, dann jedoch trotzdem häufig behauptet, man stehe auf der Seite des vermeintlich einzig Bösen, auf der Seite Russlands. Diese Form der Gesinnungskontrolle wurde zum festen Bestandteil unserer Gesellschaft. Erst vor kurzem forderte Habeck von Menschen mit Migrationshintergrund, dass sie sich pauschal von der Hamas distanzieren müssten. Wann aber forderte denn mal jemand, dass sich alle Bayer*innen von Hubert Aiwanger distanzieren müssten? Warum soll man sich pauschal von etwas distanzieren, womit man sowieso nichts zu tun haben will? Ich muss mich weder von Putin, noch von der Hamas, noch von der Ukraine, Israel oder den USA distanzieren, weil ich mit nichts von alledem jemals etwas gemein hatte. Warum fordert man stattdessen nicht endlich, dass Selenskyj sich von dem von ihm als Helden benannten Faschisten und Antisemiten Stepan Bandera zu distanzieren? Weil alle wissen, dass er diesen verehrt und das auch noch gut finden. Die ständigen Forderungen nach Distanzierungen sind nichts anderes als moralistische Versuche, die eigene Meinung als die überlegene darzustellen und die andere Position gleichsam zu delegitimieren. Und wer sich nicht distanziert, wer Frieden fordert und nicht etwa, wie die Waffenlobbyistin Marie-Agnes Strack-Zimmermann, immer neue Waffen, der wird dann der AfD in die Arme gezwängt. Mit Scheinforderungen wie jener nach einer Reichensteuer, die in einem kapitalistischen Wirtschaftssystem niemals von dessen politischem Überbau umgesetzt werden wird, lenkt man dann nur davon ab, dass jene Gelder, welche für Bildung, Klimaschutz und Infrastruktur fehlen, in den militaristischen Umbau der Gesellschaft gesteckt werden. Im vergangenen Jahr wurde für 2024 ein Haushaltsloch von 60 Milliarden Euro festgestellt, während 90 Milliarden Euro in die Bundeswehr und immerhin 8 Milliarden Euro in die Fortführung des brutalen Krieges in der Ukraine fließen. Die Bauern, denen in diesem Rahmen ihre Subventionen gestrichen wurden, werden gleich mit der AfD zugerechnet. Wer der Situation dann nicht durch eine klare antifaschistische Position und eine dialektisch-materialistische Analyse begegnet, mag sich somit in die Arme der braun-blauen Rattenfänger*innen treiben lassen. Wieder toll.

Währenddessen betreibt die aktuelle Regierung auf Ebene der EU selbst eine migrationsfeindliche Politik, auf welche die Rassist*innen der AfD stolz wären. Dazu kommen die bereits erwähnte, von Habeck geforderte Gesinnungsprüfung für Menschen mit Migrationshintergrund und der Antisemitismusvorwurf gegen Linke. Beide stammen aus dem Repertoire von Rechten wie den Faschist*innen um Höcke und dienen nur dem Zweck, Kritik an einer brutalen Besatzung, Rassismus, Genozid und Krieg mit Antisemitismus gleichzusetzen und rassistische sowie anti-linke Ressentiments zu schaffen. Auch hier werden unsachliche Emotionen der Sachlichkeit vorgezogen. Die Geschichte des Nahostkonfliktes wird auf das Massaker durch die Hamas am 07. Oktober 2023 reduziert. Die Anklage gegen Israel vor dem Internationalen Gerichtshof (IGH) wird von der Seite der deutschen Bundesregierung und ihren Staatsmedien verächtlich gemacht, während man selbst sich logistisch munter am Völkermord an den Palästinenser*innen beteiligt. Zur Anklage gegen Russland wegen dessen Invasion in der Ukraine wird stattdessen lieber ein Sondertribunal ins Leben gerufen. Bei Erfolg soll kein Präzedenzfall vor dem IGH entstehen, welcher dann auch eine Verurteilung der westlichen Invasionen wie jenen in Vietnam, Afghanistan und Irak sowie vielfach in weiteren Ländern ermöglichen würde. Erneut handelt die mediale Maschinerie nach dem gleichen Muster der Diffamierung. Diesmal steht man näher an den AfD-Positionen, aber mit dem Vorwurf des Antisemitismus lässt sich dennoch trefflich um sich schlagen. Genug moralistisch-überlegene, sich links und vielleicht auch mal radikal fühlende Hippster machen mit. Verballhornungen des Antifa-Logos schwirren durch die unsozialen Medien. Klar stehen sie gegen die AfD, ist diese doch alles, was sie ablehnen. Hätten sie auch nur einen Bruchteil einer analytischen Faschismustheorie im Kopf, würden sie erkennen, dass die Gefahr, immer weiter nach rechts getrieben zu werden, derzeit von zwei Seiten ausgeht. Natürlich ist da die AfD zu nennen. Mit ihren Verbindungen zu Wirtschaftseliten und einer militanten Rechten mit positiven Bezügen sowohl zu autoritären Strukturen unter Putin in Russland als auch zu den faschistischen Milizen der Ukraine sowie ihrer Nähe zum »III. Weg« und der »Identitären Bewegung« ist sie eine nicht zu unterschätzende Gefahr, die immer noch weiter wächst. Jedoch sollte auch das aktuelle politische Establishment mit der Gleichschaltung von Staats- und Konzernmedien unter eine einheitliche Propaganda, ihre Vereinnahmung der aktuellen Proteste gegen die AfD, ihr Vorantreiben des Militarismus, ihre migrationsfeindliche Politik und ihr moralistisches Gesinnungsgehabe nicht unterschätzt werden. Nur weil die Gesellschaft gerade von zwei konkurrierenden rechten Blöcken vor sich hergeschoben wird, macht dies nicht den Einen besser und den Anderen schlechter. Wenn alte Freund*innen neofaschistischen Logiken anheimfallen, statt der Welt differenziert und analytisch zu begegnen, ist dies extrem besorgniserregend und an die verbliebenen Linken eigentlich ein Zeichen, dass es höchste Zeit zum Handeln ist, wenn sich Geschichte nicht wiederholen soll.

#WehretDenAnfängen!

Ein Jahr nach der Bundestagswahl 2021 – ein Resümee

Als die Bundestagswahl vor genau einem Jahr u.a. dazu führte, dass Karl Lauterbach Gesundheitsminister wurde, hatte ich die Hoffnung, dass zumindest in der Corona-Politik ein vernünftigerer Pfad eingeschlagen würde, als dies zuvor unter Jens Spahn der Fall war. Viel mehr Positives ließ sich von einer Regierung aus SPD, Grünen & FDP von Anfang an nicht erwarten und dass Wahlen am scheindemokratischen, bürgerlichen, politischen Überbau des kapitalistischen Wirtschaftssystems nichts ändern, ist hinlänglich bekannt, da sie sonst ja auch verboten wären. Nun ist auch ein Karl Lauterbach, der bisher immerhin massiv auf eine Privatisierung des Gesundheitssystems setzte und damit für das finanzielle Zugrunderichten dieser wichtigen Infrastruktur eintrat, auch keine Lichtgestalt. Dennoch hatte ich auf eine Impfpflicht und weitere sinnvolle Maßnahmen im Kampf gegen Covid-19 gehofft.

Mittlerweile wissen wir, dass Lauterbach komplett vor Querdenken & Co. eingeknickt ist. Die forcierte Einheit der deutschen Gesellschaft durch einen Burgfrieden unter dem Eindruck der Eskalation des Ukrainekrieges durch den russischen Einmarsch soll nicht durch weitere Proteste der Coronaleugner*innen gestört, das Kapital der deutschen Wirtschaft auf keinen Fall durch eventuell nötige weitere Lockdowns gefährdet werden. So ist die Idee von der Impfpflicht Geschichte und wenn die Zahl der mit dem Coronavirus infizierten in den Statistiken sinkt, dann drückt der Gesundheitsminister diese geschickt durch das Abschaffen kostenloser Tests. Dies wirkt umso stärker, da die Regierung unter Knüppel-Scholz, welcher seine Cops im Juli 2017 als Hamburger Bürgermeister gegen die demokratischen Proteste gegen den absolut undemokratischen G20-Gipfel von der Leine ließ1, im Zeichen der Sanktionspolitik gegen Russland eine massive Verteuerung des Lebens und Sozialabbau betreibt, sodass sich immer weniger Menschen die nun kostenpflichtigen Tests leisten werden. Durch solche statistischen Tricks wird sich Covid-19 freilich nicht besiegen lassen. Die Anfangs erwähnte Hoffnung wurde also auf voller Linie enttäuscht. Dramatischer sieht die Bilanz der aktuellen Bundesregierung nur bei ihrem Wirtschaftskrieg gegen Russland aus. Weiterlesen

Visionen der Verdammnis

Visionen der Verdammnis hall’n mir durch den Kopf
von Schmerzen, Terror und Verderben,
verkünden das Nahen von der Freiheit Untergang,
welcher bringt uns das große Sterben.

Finsterer Herrschaft gerüstete Knechte
setzen an zum letzten Sturm.
Und lüstern geiler Henker gemarterte Opfer
verzweifeln im schattenhaften Turm.

Des gekrönten Totenraben Schwingen vernichten
das Sein des Glücks und auch der Würde.
Versklaven und lügen, den Krieg herbei tragen,
war dem Imperium nie eine Hürde.

Voll Zynismus ist des Tyrannen Gerede vom Frieden,
gegeben durch Tod und Qual und Leid.
Weil nur seine Macht kann erstrahlen voll Pracht,
wo diktiert wird das Handeln vom Neid.

Der Schein des Traumes reißt längst entzwei.
Vorbei ist die Zeit der Utopien,
die am Sternenmeer wir in Autonomie glücklich lebten.
Nun hilft’s nur noch zu flieh’n.

Creative Commons CC BY-NC-ND by Tintenwolf
(geschrieben am 10.08.2021,
entstand im Rahmen des Satjira-Projects (siehe »Visionen der Verdammnis«))

Gift

Es frisst das Gift sich in die Venen
all jener, die sich sicher wähnen,
Zweifel gut kaschieren.

So trägt es Panik in die Herzen
von jenen, die sonst drüber scherzen,
stumm nun mitmarschieren.

Denn die Herrschaft wird uns retten,
umschlingt uns mit festen Ketten,
raubt das freie Denken.

Und sagt jemensch: »So gebt doch Acht!«,
dann wird mit Angst sie stumm gemacht.
Durch Krisen lässt sich’s lenken.

Es frisst das Gift sich in die Venen
all jener, die sich sicher wähnen.

Creative Commons CC BY-NC-ND by Tintenwolf
(geschrieben am 23.03.2020)

streit

du bist voll zorn, ich bin es auch.
ein faden nur aus dünnem rauch,
der noch besteht, zu leicht verfliegt,
wenn streit die liebe überwiegt.

es dreht im bauch die wut sich um
und sei der grund auch noch so dumm.
auch wenn er wahr und auch gerecht,
vom dreh‘n im magen wird mir schlecht.

freundschaft und liebe schnell vergeh‘n;
ja, nur in reflexion besteh‘n,
hängen an mir und auch an dir,
so lass uns seien offen ihr.

du bist voll zorn, ich bin es auch.
ein faden nur aus dünnem rauch,
der blühen kann, aber nicht muss.
ich schenk‘ ihm leben bis zum schluss.

 

Creative Commons CC BY-NC-ND by Meas Wolfstatze
(geschrieben am 23.01.2018,
aus der »Geschichte von Alex und Sascha«)

die demo

Ein Gedicht aus der »Geschichte von Alex und Sascha«:

wegen der mieterhöhung sind wir hier,
uns uns’rer freund*innen hilfe holen.
mit ihnen steh’n nun seit‘ an seite wir
gegen krieg und stumpfe hassparolen.

klar waren kriege immer scheisze schon;
nur zu ’ner demo ging ich selten raus.
so fühl‘ ein wenig ich der welten hohn,
dass ich erst hier, wo es geht um’s haus.

nun laufen wir mit schildern und ’ner fahn‘
vom alex hin zum brandenburger tor.
fordern frieden und’s end‘ vom waffenwahn
und kommen uns doch allzu machtlos vor.

wie um dies‘ gefühl zu untermauern,
bilden behelmte cops uns ein spalier.
die friedfertigkeit muss heute trauern.
»demokratie« schmückt sich mit knüppel-zier.

doch wo sie uns treten und uns schlagen,
ergreift die deine plötzlich meine hand.
fühl‘ die kraft durch meinen körper jagen;
von heut‘ an steh‘ ich gegen dieses land.

will nicht mehr der lethargie erliegen.
weisz solidarisch dich an meiner seit‘.
auch wenn heut‘ noch ihre bomber fliegen,
sind wir bot*innen für des friedens zeit.

 

Creative Commons CC BY-NC-ND by Meas Wolfstatze
(geschrieben am 19.01.2018,
aus der »Geschichte von Alex und Sascha«)

In Zeiten wie diesen… – Zur Neuausrichtung des Tintenwolf-Projekts

Immer wieder rasen die Nachrichten dieser Tage auf mich ein und lassen mich ratlos zurück. Überall in der Welt sind konservative, nationalistische und wirtschaftsliberale Kräfte auf dem Vormarsch, die Klimaerwärmung scheint kaum noch aufzuhalten, die verschiedenen Supermächte leisten sich ein neues nukleares Wettrüsten und die Repressions- und Überwachungsapparate werden immer weiter aufgerüstet und zur Aufstandsbekämpfung scharf gemacht.1 Ob legitimer Protest gegen den G20-Gipfel in Hamburg oder die EZB-Neueröffnung in Frankfurt am Main niedergeschlagen, die freie Medienplattform linksunten.indymedia.de wegzensiert oder alternative Hausprojekte geräumt/bedroht werden,2 die Angriffe des Systems werden immer schärfer, wogegen eine progressive Opposition in weiter ferne scheint. Wo wir agieren müssten, ziehen wir uns viel zu oft in unsere herbeigeträumten Schutzräume zurück und ergeben uns unreflektiert szenigem Gehabe. Ein Zustand, den ich an dieser Stelle nicht zum ersten Mal kritisiere.3 Es kann schon als zynisch-lachhaft gelten, wie sehr CDU/CSU und AfD im Bündnis mit SPD und Grünen ihre völlig haltlose Extremismusdoktrin vorantreiben,4 wenn daneben die Unfähigkeit der progressiven Kräfte zur Organisation betrachtet wird. In Zeiten wie diesen ist mir viel zu selten nach meinem autonomen Hippie-Punk zumute, egal wie sehr mich Revolutions- und Sozialromantik doch zum Träumen anregen. Wenn uns heute in dieser Realität noch etwas gelingen soll, braucht es dringend eine neue übergreifende Form der Organisierung, die internationalistisch und klassenkämpferisch sein muss.5

Als kunst- und kulturschaffende Person tangiert mich diese Problematik natürlich auch in Bezug darauf, dass ich mir die Frage stellen muss, welchen Beitrag meine Gedichte derzeit noch leisten können. Natürlich werden sie nicht gleich alle aufhören, autonome Hippie-Punk-Lyrik zu sein, und wahrscheinlich werde ich auch weiterhin gerne mal in der einen oder anderen Szenelocation auftreten – ist die autonome Szene doch meine langjährige politische Heimat gewesen. Dennoch muss der Schwerpunkt unweigerlich auf einen (internationalistischen) Klassenkampf verschoben werden, wenn die Gedichte diesen Zeiten gerecht werden sollen. Dies wird optimaler Weise nicht nur in den Texten sondern auch in Kooperationspartner*innen und Zielpublikum deutlich. Um dies zu erreichen, plane ich künftig zweigleisig zu fahren. Ich will mich weiterhin bei ab dafür! records engagieren und mich zugleich bei RedHeadMusic einbringen, um auch im Bereich der Kunst als verbindendes Element zwischen verschiedenen progressiven Strömungen zu wirken. Auch hier glaube ich, dass wir nur als Einheitsfront stark sein können; dass wir trennende Narrative zwischen Marxist*innen und Anarchist*innen überwinden müssen;6 dass wir in Zeiten wie diesen nur in (internationaler) Kooperation zu einer progressiven Opposition gegen die herrschenden Umstände werden können.

Alle Macht den Kommunen!
Keine Macht für irgendwen!

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Sechs Thesen zur Bewegung

Während meines Aufenthalts auf Kuba im März diesen Jahres saß ich am 12.03.2017 abends mit einem Genossen der Interbrigadas zusammen. Im Laufe unseres Gesprächs kristallisierten sich sechs Thesen dazu heraus, wie eine linke Bewegung funktionieren könnte, die ich später in meinem Tagebuch ausformulierte. Ich habe nun beschlossen, diese Gedanken zu teilen, um ihnen eine Chance zu geben, gelesen und weiter durchdacht zu werden:

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abgeschrieben: Die Qual mit der Wahl

»Ein Diskussionspapier der North-East Antifascists Berlin, 2016«, das es auch nach der Wahl in Berlin noch sehr zu lesen lohnt:

Die Qual mit der Wahl

Es ist wieder so weit: der Wahlkampf läuft! Und für die radikale Linke* (s. Anm.) stellt sich die Frage, was sie damit anstellt. Reaktionäre und rassistische Kräfte präsentieren ihre Menschenverachtung auf Plakaten und an unzähligen Infoständen, so dass wir als radikale Linke mit der »kreativen Umgestaltung« dieser Plakate und dem Protest gegen jene Wahlkampfstände kaum hinterher kommen. Die Zeit für eine grundsätzliche Auseinandersetzung mit dem Thema »Wahlen« bleibt meist nur bei abendlichen Tresengesprächen. Doch auch im Zusammenhang mit der Frage nach gesellschaftlicher sozialrevolutionärer Veränderung muss die Rolle von Parteien und Parlamenten diskutiert werden.

Gibt es eine Dialektik von Reform und Revolution? Können und sollten revolutionäre Kräfte an bürgerlichen Wahlriten teilnehmen? Und wie sieht unser pragmatisches Verhältnis zu bestehenden linken Parteien/ parlamentarischen Bündnissen aus?

Mit diesem Text wollen wir eine linksradikale Position zum ganzen Wahlspektakel formulieren und zum Nachdenken und Diskutieren anregen. So divers die bestehenden Meinungen sind, so dringend notwendig ist eine Auseinandersetzung darüber, wenn proto-faschistische Parteien wie die »Alternative für Deutschland« (AfD) Wahl für Wahl in weitere Parlamente einziehen und die fortschreitende Faschisierung gesellschaftlicher Diskurse und die weitergehende Etablierung rechter Machtteilhabe in Parlamenten, Ausschüssen, etc. kein Ende zu nehmen scheint. Dieses Papier entsteht im Kontext der bevorstehenden Berliner Abgeordnetenhaus- und Bezirkswahlen im September 2016, der bevorstehenden Bundestagswahl 2017, sowie zahlreichen weiteren lokalen und regionalen Wahlen.

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Für einen Internationalen Tag gegen Polizei, Staatsgewalt & Herrschaft

von https://againstpolice.blackblogs.org/international-day-inert-de/

Weltweit nimmt die Repression gegen linke und progressive Kräfte zu. Egal wohin der Blick auch schweift, sind libertärsozialistische (anarchistische) und autoritärsozialistische Kräfte in Verteidigungshaltungen gefangen.

  • In der Türkei morden staatliche Truppen unter Erdoğans AKP Kurd*innen und linke Oppositionelle.
  • Statt eine Suche nach Frieden zu betreiben, drehen sich Hamas und israelische Hardliner in einer Spirale der Gewalt, die alle Bemühungen um ein gerechtes Miteinander zerreibt.
  • In Syrien und Irak mordet Daesch – auch als »Islamischer Staat« (IS) bekannt – und dient den Imperialist*innen in den USA, Europa und Russland, sowie verschiedenen Regionalmächten nicht nur zum Führen geostrategischer Kriege, sondern auch um Überwachung und Repression im eigenen Land auszubauen.
  • Eine neoliberale aber auch kriegerische Unterwerfung Afrikas in Form eines neuen Kolonialismus wird seit Jahren voran getrieben.
  • Die Ukraine ist in einen blutigen Bürgerkrieg versunken, in dem Antifaschist*innen von faschistischen, staatsnahen Paramilitärs bedroht und gejagt werden. Ein wirkliches Interesse am Ende des Stellvertreterkrieges ist weder auf »westlicher« noch auf russischer Seite zu erkennen.
  • In Abya Yala – wie der Mittel- & Südamerikanische Kontinent von indigenen Aktivist*innen genannt wird – existiert zwar eine lange Tradition revolutionärer Kämpfe, doch auch dort steht derzeit ein von us-amerikanischen Interessen gesteuerter Rollback an.
  • In der Volksrepublik China wird der Begriff des Kommunismus von einer machtgeilen und korrupten Funktionärselite missbraucht, um zu verschleiern, dass sie längst im profitorientierten und gnadenlosen System des Kapitalismus angekommen ist.
  • Noch immer ermorden und demütigen in den USA, Europa und anderswo rassistische Cops ungestraft »People of Color«. Ein homogenes Bild einer »weißen« Gesellschaft scheint vielfach ganz normal.
  • Europa schottet sich mit Polizei und Armee gegen jene Menschen ab, die vor Krieg und Ausbeutung fliehen. Rassist*innen und Neonazis bleiben unbehelligt, während die Staatsmacht fleißig damit beschäftigt ist, linke und progressive Strukturen zu drangsalieren und zu zerschlagen.

Handlanger*innen und Mittäter*innen sind in allen diesen Fällen Polizei und staatliche Strukturen und Paramilitärs, die das Gewaltmonopol der Herrschenden mit aller Willkür und Brutalität durchsetzen.

Dagegen gilt es sich zur Wehr zu setzen. Und da die Zusammenhänge von Herrschaft, Repression und Kapital die Grenzen von Nationen global übergreifen, kann auch ein Widerstand gegen diese nur international funktionieren. Eine Überwindung von Staaten, Grenzen und einem System von Ausbeutung und Gewalt zugunsten einer Welt der Solidarität muss von uns allen getragen werden. One struggle, one fight!

Die Idee ist es, einen Internationalen Tag gegen Polizei, Staatsgewalt und Herrschaft am 13. Dezember 2016 zu organisieren, um ein gemeinsames Zeichen der Solidarität miteinander und des Kampfes gegen die Willkür der Herrschenden zu setzen. Hierfür können wir uns vernetzen oder uns auch einfach symbolisch aufeinander beziehen. In diesem Rahmen sollten sich zunächst lokale Gruppen finden, welche dann eine globale Vernetzung vornehmen können. Auch für bestehende international agierende Strukturen ist hier Platz. In Berlin, wo dieser inertiale Text gerade entsteht, soll es am entsprechenden Tag z.B. eine kraftvolle Demo sowie ein oder mehrere fette Konzerte geben.

Nicht alle Mechanismen der Unterdrückung lassen sich durch die Überwindung des Kapitalismus aufheben, aber keiner davon wird sich in dessen Rahmen auflösen lassen. Deshalb: Setzen wir der Vereinzelung in subkulturellen Szenen und starren Fixierungen auf einzelne Widersprüche ein Ende! Zeigen wir, dass wir viele sind! Seien wir eine Bewegung, die die Maßnahmen der Repression nicht fürchtet!

Hoch die antinationale Solidarität!
Hoch die internationale Solidarität!

https://againstpolice.blackblogs.org/cat/de/