abgeschrieben: Wider dem Unrechtsstaat

von https://wildvogelclan.wordpress.com/2016/01/14/wider-dem-unrechtsstaat/

»Wo Unrecht zu Recht wird, wird Widerstand zur Pflicht.«
(Bertolt Brecht)

Am Montag dem 11.01.2016 wütete eine marodierende Horde Pegida-Nazis durch den Leipziger Stadtteil Connewitz.1 Am gestrigen Mittwoch, dem 13.01.2016 terrorisierte ein ähnlicher Mob, diesmal uniformiert und mit dem Label Polizei versehen, den Kiez um die Rigaer Straße im Berliner Friedrichshain.2 Abgesehen von personellen Überschneidungen zwischen Polizei und Naziorganisationen muss jedoch auf einen bedeutenden Unterschied hingewiesen werden. Wo die Gewalt von Neofaschist*innen vom Staat lediglich geschützt wird – so wird Opfern rechter Gewalt von der Staatsanwaltschaft gerne unterstellt, sie hätten sich die Tat nur ausgedacht, was eine Anzeige wegen dem Vortäuschen einer Straftat, gegen die Betroffenen mit sich bringt3 – und die Täter*innen mit finanzieller und logistischer Unterstützung durch den Verfassungsschutz rechnen können, dürfen Cops als ausführendes Organ des Gewaltmonopols des Staates ganz legal jedes gewünschte Verbrechen begehen und werden hierbei nach allen Möglichkeiten unterstützt. So mag es nicht verwundern, dass aufgeputschte und vermummte, staatliche Gewalttäter*innen aus reinem Spaß an der Freude und dem Willen zur Unterdrückung einen ganzen Straßenzug absperren, die Bewohner*innen der Rigaer94 ohne echte rechtliche Grundlage terrorisieren und nebenher einen Raubüberfall auf die Liebig34 starten, um dort die Musiktechnik zu entwenden.4

Wenn Cops und andere rechte Schläger vor dem Gesetz kaum noch Aufklärung ihrer Verbrechen oder gar Strafe fürchten müssen, während Linke aus einer Laune heraus drangsaliert und illegalisiert werden, wenn ein eigenes Strafmaß für Asylsuchende gefordert wird,5 dann muss mensch schon blind oder mit einem gigantischen Maß an Skrupellosigkeit versehen sein, um nicht den Unrechtsstaat zu erkennen oder zu benennen, welcher die BRD heute ist. Zwei dieser Skrupellosen sind der Berliner Innensenator Frank Henkel und sein Schoßhündchen Tom Schreiber. Durch die Ausrufung der Rigaer Straße zum inoffiziellen Gefahrengebiet6 und das unverhältnismäßige und willkürliche Agieren ihrer Knüppelgarde lassen sie ein Zeichen setzen. Es soll zeigen, dass Widerstand, wie legitim er auch immer sein mag, mit aller Brutalität zerschlagen wird. Das traurige ist, dass sie damit Erfolg haben, dass es sich auszahlt, das Recht mit Füßen zu treten.

Woran liegt das? Sind wir nicht viele, die bereit sind, dem Unrecht die Pflicht auf Widerstand entgegenzusetzen? Das mag sein. Doch wir sind hilflos, wenn es wirklich drauf ankommt. Und dies liegt wohl an der mangelnden Solidarität untereinander, die einem szenelinken Identitätsgehabe gewichen ist. Was können wir nicht daran verstehen, dass der Graben zwischen autoritär- und libertär-sozialistischen Ideen gar nicht so breit ist und sein muss, wie wir ihn gerne deuten? Wieso gibt es so viele Splittergruppen, die sich beispielsweise so sehr auf ihre Ideen von Queer-Feminismus oder Veganismus versteifen, dass sie in Nichtigkeit versinken und es nicht mehr schaffen, gute Ansätze und wichtige Denkanstöße nach Außen zu tragen. Alles, was wir dem Unrechtsstaat entgegensetzen könnten, lassen wir in Sektiererei verkommen. In einem Lied heißt es, »Was wir brauchen ist ’ne Bewegung und keine Szene« und in einem Buch, welches von einem kommenden Aufstand handelt, wird ein »Alle Milieus sind zu meiden.« konstatiert. Sie werden dort als das erkannt, was sie in Form einer linksautonomen Szene schon lange sind. Milieus dienen jeder aufrechten Bewegung als Falle, in der sie zu versickern droht. Dort wirkt nicht wirklich ein anderes Miteinander schon im Heute. Dort ist nicht die Brutstätte sondern das Grab der Revolte. Dort wirken die selben Mechanismen von Konkurrenz wie im System der Profitlogik. Deshalb: lasst uns ausbrechen, aufbrechen, wieder zu uns und unseren Idealen finden. Und dann können wir Brechts Aufforderung folgen und dem Unrecht mit voller Stärke Widerstand leisten.

4 vergleiche Fußnote 1

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