Tag Archiv für Ernesto »Che« Guevara

Ich singe, dass er mutig war.

Mitte Februar 2019 lernte ich in Kuba während zweier Konzerte im Maxim Rock in Havanna bzw. im Cine Praga in Pinar del Río die Band Aztra aus Ecuador kennen. Sie begeisterten mich sofort durch ihren mit indigenen Musikelementen aufgeladenen, sehr politischen Metal. Ich erwarb ihre CD »Guerreros« (deutsch: »Krieger«) und konnte sogleich feststellen, dass sie weit vielseitiger sind, als es mir während des Konzertes aufgefallen war. Harte Metalriffs werden von lateinamerikanischen Folkgesängen abgelöst, wie sie mir z.B. von Inti-Illimani bekannt waren. Auch etwas sanftere Rocksongs & Balladen fanden sich im Repertoire. Nun ist mit »Canto que ha sido valiente« (deutsch: »Ich singe, dass er mutig war«), dessen Titel sich als Zitat des von US-gesteuerten Faschisten ermordeten Liedermachers Víctor Jara auf sein Lied »Manifesto« bezieht, die nächste Scheibe von ihnen rausgekommen und ich habe es tatsächlich geschafft, eine zu ergattern. Dies war nicht ganz einfach. Das Geld konnte ich nicht wie gewohnt überweisen und damit sich das Porto lohnt, habe ich die CD gleich drei mal erworben – um dann noch zwei zum Verschenken zu haben – und noch zwei Shirts oben drauf gepackt. Da ich den Zoll nicht bedacht hatte, habe ich für diesen und das Porto letztendlich trotzdem sieben Euro mehr ausgegeben, als die CDs und Shirts alleine gekostet haben. Gelohnt hat es sich trotzdem. Die stilistische Breite der Aufnahmen sagt mir sehr zu und auch politisch bleiben sich Aztra treu. Dazu kommt eine wundervolle lyrische Sprache, die immer wieder sehr pathetisch ist, aber wer meine Gedichte kennt, weiß, dass ich dies ja durchaus mag.

Nach einem instrumentalen Intro geht es mit »Lago de Sangre« (deutsch: »See aus Blut«) bereits ein erstes Mal richtig krachend los. Besungen wird der widerständige Kampf gegen die Herrschaft von Kapital und Imperialismus. In »Hijos del Sol« (deutsch: »Söhne der Sonne«) wird dies unterstrichen. In diesem Track begeistert mich die Referenz auf Fidel Castro, Ernesto »Ché« Guevara, Evo Morales, Salvador Allende, Augusto César Sandino, Hugo Chávez, Emiliano Zapata, Eduardo Galeano, Víctor Jara, Mario Benedetti, Jorge Gaitán, Túpac Amaru, Mercedes Sosa, Camilo Torres, José Mujica sowie José Martí, welche die Vielschichtigkeit des Befreiungskampfes in Lateinamerika gegen das Joch des US-Imperialismus als auch für eine sozialere, freie Welt ohne die Herrschaft des Kapitals betont. Den Abschluss des Liedes bildet ein Chorus, der sein Fanal in der Aussage »¡Somos pueblo insurgente Latinoamérica!« also »Wir sind das aufständische Volk von Lateinamerika!« findet. Das Stück »Grito del Jaguar« (deutsch: »Schrei des Jaguars«) greift in diesem Sinne die große Raubkatze als Sinnbild des indigenen Lateinamerikas, der Wildheit und des Widerstands auf. Mit »Tú volverás« (deutsch: »Du kommst zurück«) folgt ein poppiges Liebeslied, bevor in »Insurrección« (deutsch: »Aufstand«) – wieder zu melodischem Metalsound – die korrupte Bourgeoisie als imperiale Statthalterin des Landes angeprangert wird, der nur mit Aufstand geantwortet werden könne. Eines meiner Lieblingslieder der CD ist das balladenhafte »Canto«, was zu deutsch mit dem Substantiv »Lied« aber auch als »ich singe« übersetzt werden kann. Es greift gleich zu Beginn den Titel des Albums als erste Zeile und somit auch Víctor Jara auf und handelt anschließend in wunderschöner indigen-mystischer Lyrik von der Einheit mit der Natur als auch dem Streben nach Utopie. Und ähnlich stark geht es mit der Neuauflage des Titels »Eres« (deutsch: »Du bist«), aus dem die Schönheit der Anden und den indigenen Wurzeln des Landes, aber auch die Liebe zur Revolution hervor klingt, weiter. Um meine Begeisterung für die Poesie von Aztra zu begründen, folgt ein Zitat aus diesem Lied:

»Eres la luz colgada en la cortina.
Eres la voz sembrada en mi ventana.
Eres el arma empuñada en la montaña.
Eres la magia convertida en mi canción.«

»Du bist das Licht, welches im Vorhang hängt.
Du bist die Stimme, die durch mein Fenster gesät wird.
Du bist die Waffe, welche auf dem Berg gehandhabt wird.
Du bist die Magie, die zu meinem Lied wird.«

Ich lasse dies hier einfach mal so stehen. »Dawn« (deutsch: »Dämmerung«) ist das einzige nicht-spanischsprachige Lied der Scheibe, stellt eine relativ frei übersetzte englische Adaption des Liedes »El Mañana« (deutsch: »Der Morgen«), welches instrumental bereits als Intro dieses Albums diente, dar und erinnert mich persönlich in der vorliegenden Version sehr an Within Temptation, die ich durchaus mag. Mit »Dos meses dos días« (deutsch: »Zwei Monate und zwei Tage«) folgt ein zumindest anfänglich sehr getragener Track, der von dem ebenfalls eher ruhig-rockigen Liebeslied »Somos tú y yo« (deutsch: »Wir sind du und ich«) gefolgt wird. Auch das Lied »Antes« (deutsch: »Davor«) bleibt relativ ruhig und fordert im Duett dazu auf, das eigene Leben zu nutzen, zu träumen und zu kämpfen. »Ojos de Luna« (deutsch: »Augen des Mondes«) bildet als von einer Flöte getragene, ebenfalls im Duett vorgetragene Ballade den Abschluss des Albums. Insgesamt wird das Album nach hinten hin also ruhiger. Bis auf wenige Ausnahmen bleibt es politisch. Die Aufnahmen, zu denen unterschiedliche Musiker*innen hinzugeholt wurden, sind in sehr guter Qualität und werden von einem Booklet mit schönem, passenden Artwork begleitet. Zu diesem passt auch das Shirt, welches vorne wichtige Tiere der indigenen Mythologie und hinten die Band sowie ein Konterfei von Víctor Jara zeigt.

Wie anfangs schon geschrieben, haben sich für mich der Aufwand und vor allem die Ausgabe gelohnt. Wer auf CD, Booklet und Shirt verzichten kann, wird aber auch bei Spotify fündig. Ich kann allen sehr empfehlen, mal reinzuhören. Für jene, die wie ich Metalhead und Internationalist*in sind, würde ich es sogar als ein Muss bezeichnen.

Zum 53. Todestag von Ernesto »Che« Guevara

Die Ermordung von Ernesto »Che« Guevara jährt sich heute zum 53. Mal. Das ist ein Anlass, eine kleine Kurzbiographie von ihm zu veröffentlichen. Weitere solche Texte zu von der Reaktion ermordeten Personen folgen demnächst im Rahmen eines Gedenkprojektes rund um mein Gedicht »Kämpfen & Gedenken« und das dazu entstehende Musikvideo auf der dann neuen Seite vom Fight-and-Remember-Bündnis unter https://fightandremember.org/, die zum Ende dieses Jahres online gehen wird.

Ernesto »Che« Guevara (14.06.1928-09.10.1967) war ein Revolutionär, Arzt und praktischer Theoretiker des Guerillakampfes. Er wurde in der Stadt Rosario in der Provinz Santa Fe in Argentinien geboren. Bereits in seinem Elternhaus, das nach dem Spanischen Bürgerkrieg auch als Treffpunkt von unter der faschistischen Franco-Diktatur verfolgten Exilant*innen diente, erhielt er eine internationalistische Prägung. Der Drang, Menschen zu helfen, ließ ihn Medizin studieren.

Während mehrerer Reisen durch Lateinamerika sah er das Leid der Bevölkerung unter den unzähligen Marionettenregierungen, welche den Kontinent zu einer Art US-amerikanischer Kolonie machten. Die Arbeitskraft der Menschen wurde unter diesen zugunsten internationaler Konzerne brutal ausgebeutet. Nachdem er im Juni 1954 in Guatemala den durch die USA geführten Putsch gegen den gewählten, linken Präsidenten Jacobo Árbenz Guzmán miterlebt hatte, traf Guevara im September des gleichen Jahres in Mexiko auf Fidel Alejandro Castro Ruz und seine Revolutionär*innen vom Movimiento 26 de Julio (deutsch: Bewegung des 26. Juli; kurz: M-26-7). Mit der Yacht Granma setzten sie nach Kuba über, das sie am 02.12.1956 erreichten. Der Guerillakrieg, in dessen Lauf die Kubanische Revolution das Land vom Joch der Batista-Diktatur und den quasi-kolonialen Verhältnissen befreite, hatte begonnen. Er endete am 01.01.1959 mit dem Sieg der Revolution. Guevara hielt die praktischen Erfahrungen des Guerillakampfes in Handbüchern fest und verallgemeinerte seine Erkenntnisse zur Anwendung in weiteren unterdrückten Ländern. Seine Vision war zu diesem Zeitpunkt bereits nicht nur ein befreites Kuba, sondern ein freies und geeintes Lateinamerika, welches an der Seite aller Unterdrückten auf der Erde stehen würde. Im Jahr 1966 versuchte er deshalb, die Revolution nach Bolivien zu exportieren, da er dort den Zeitpunkt für eine solche gekommen sah.

Anders als in Kuba gelang es jedoch nicht, die Landbevölkerung im großen Maßstab für einen Guerillakampf zu motivieren. Hauptschwierigkeit war dabei vor allem die Sprachbarriere zwischen spanischsprachigen Revolutionär*innen und den Quechua sprechenden Indigenen. Durch den Ausfall von Funkgeräten wurden die Revolutionär*innen im April 1967 zusätzlich in zwei Gruppen getrennt, die es nicht mehr schafften, sich wiederzufinden. Die Nachhut, welche von Juan Vitalio Acuña Núñez geführt wurde und der auch die deutsche Guerrillera Tamara Bunke angehörte, wurde Ende August vom Militär der bolivianischen Diktatur gestellt und ermordet. Guevara und seine Gruppe gerieten Anfang Oktober in der Ortschaft La Higuera in einen Hinterhalt, der durch Militärs und CIA-Söldner gelegt worden war. Nur fünf der Guerrilleros gelang die Flucht. Der Rest wurde im Gefecht getötet oder gefangengenommen und ohne ein Gerichtsurteil hingerichtet. Auch Guevara wurde ermordet. Seine Ideale von einer befreiten Welt konnten jedoch auch über seinen physischen Tod hinaus weder durch den Versuch, ihn als Popikone zu entpolitisieren, noch durch die üble Nachrede der kapitalistischen Medien, die ihn entgegen seiner Liebe für das Leben oft in erster Linie als brutalen Killer darstellten, getötet werden. Sie leben weiterhin in all jenen, die unter den kolonialen und generell ausbeuterischen Bedingungen einer imperialistischen Weltordnung leiden.

(http://fightandremember.blogsport.eu/742/zum-53-todestag-von-ernesto-che-guevara/)

Kämpfen & Gedenken

Kommt zum Internationalistischen Antifa-Block bei der Luxemburg-Liebknecht-Demonstration am 12.01.2020 und zu den zugehörigen Veranstaltungen vom Fight-and-Remember-Bündnis, um mit uns gemeinsam zu kämpfen & zu gedenken.

1. Von Freikorps hingerichtet,
Karl und Rosa vor’m Berliner Eden.
Noch hundert Jahre später mahnen sie
und mahnen immer wieder wir:
Kein Vergessen, kein Vergeben!i

2. Als zweitausendfacher Mord
gleich finst’rer Rache niederging,
Gustav Landauer gemeuchelt ward,
gegen der Räte Republik
die Herrschaft blut’ge Tat beging.ii

Refrain:
All‘ die Echos hallen wieder
und ich schreib‘ die Namen nieder
von jenen, die ermordet sind.
Kein einziger verhallt im Wind.

3. Víctor – Presente en mi corazón;
im Herz noch immer mir anwesend.
Hör‘ seine Lieder, seh‘ sein Bild.
Zärtlich singt für Chile er,
was noch immer ist erstrebend.iii

4. Für die Freiheit & den Sozialismus
focht in Bolivien Tamara
als Guerillera gegen Staatsmacht.
Am Río Grande traf ’ne Kugel sie.
Wurd‘ ermordet wie Guevara.iv

Ref.

5. Jeden Abend Mühsam lies
neue Bilder wachsen,
bis er von der SS erhangen ward.
Mein Herz weint heute noch.
Doch Welten dreh’n um neue Achsen.v

6. Bästlein, Saefkow, Elser sowie viele and’re auch
ließen im Widerstand ihr Leben,
gegen die Bestien unterm Schattenrad.
So gilt’s Gedenken ihnen ebenfalls,
die so vieles für die Freiheit ham gegeben.vi

Ref.

7. Ein Leben lang verfolgt
wurd‘ Nâzım Hikmet für die Worte,
die der Liebe er geweiht;
der Knast entzog des Lebens Kraft;
starb zu jung an fremdem Orte.vii

8. Schwarz und Rot hielt er zusammen
gegen faschist’ge Mörderschar
Durruti und sein Traum von Freiheit
ward erschossen
und wird doch einst wahr.viii

Ref.

9. Für Ulrike dreht sich bunt
mir im Geiste immer noch ein Rad,
um vor Kälte mich zu schützen,
wie am Grabe ich’s ihr schrieb,
mahnt subversiver Tat.ix

10. In den Dschungeln der Städte,
in den Bergen von Kurdistan
kämpfte Andrea solidarisch
an der Seite der Genoss*innen
gegen Terror & faschistischen Wahn.x

Ref.

11. Des Tyrannen Ende war nicht fern,
als es kam des Todes Kunde,
Salvador erdrosselt ward,
für den Mut zu Hoffen.
Doch einmal kommt der Freiheit Stunde.xi

12. Carlos, Guillem, Sònia & Yolanda –
vom braunen Neonazimob ermordet,
ihrer Widerworte wegen,
ihr eig’nes Sein sollt‘ sein der Grund,
wenn rechter Terror überbordet.xii

Ref.

13. Manch eine kämpft ein Leben lang
trotz aller Repression
Neus Català Pallejà –
hät‘ ich nur ’nen Teil ihres Mut’s,
teile doch ihre Vision.xiii

14. Für Freiheit, Mensch & Tier
kämpfte Berta all‘ ihr Leben.
Auch wenn sie dafür umgebracht,
es endet nicht der Kampf,
in dem wir immer wieder uns erheben.xiv

Ref.

15. Dutschke, Ohnesorg, Giuliani
erlagen jener Kugeln Wunden,
den tödlich‘ Folgen feiger Schüsse
der Schergen finst’rer Reaktion;
die ihr Wirken unterbunden.xv

16. Als Sacco & Vanzetti starben
war’s ein Akt der Tyrannei,
der Willkür knechtend‘ Kapitals,
der Herrschaft williger Justiz.
Gebt endlich die Gefang’nen frei!xvi

Ref.

17. Kalt wiegt die Gewissheit
ihrer Tode schwer;
Sakine, Fidan, Leyla,
erschossen durch Agentenhand,
vergessen sind sie nimmermehr.xvii

18. Sie war voll Liebe für das Leben,
als sie selbstlos Hilfe gab;
ermordet durch Blackwater’s Schergen.
In meinen Träumen kämpft Cheng immer noch,
wie ich sie kannte, Tag um Tag.xviii

Ref.

19. Ungezählt ward je die Zahl
all jener die verschwunden,
gerichtet durch die Reaktion,
durch Paramilitär und Tiefen Staat;
in meiner Seele Wunden.

Refrain:
All die Echos hallen wieder
und ich schreib‘ die Namen nieder,
von jenen, die ermordet sind.
Kein einziger verhallt im Wind.

From January till December,
We all will fight and will remember!
Around this world we will unite!
A class war – one struggle and one figth!

No lo olvidaremos!
Luchamos y recordamos!
No los perdonaremos!
Para los que estan muertos!

Kämpfen und Gedenken!
Fight and remember!
Luchamos y recordamos!

Creative Commons CC BY-NC-ND by Tintenwolf
(geschrieben am 30.11.2019,
geschrieben für das fight-and-remember-Bündnis &
dessen Internationalistischen Antifa-Block auf der LL-Demo 2020,
als mp3 downloaden: allein vertont)

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