Es brennt — eine Rezension

Ein paar Lieder der neuen CD »Es brennt« von Tobias Thiele & Die Kundschafter des Liedes kenne ich schon von Besuchen bei Tobi im Studio. Schon da wusste ich, dass es richtig gewesen war, die Crowdfunding-Kampagne von RedHeadMusic unterstützt zu haben. Da die nun aber schon eine ganze Weile her war, erinnerte ich mich daran gar nicht mehr so recht, als ich kurz vor Weihnachten voller Vorfreude zwei CDs bestellte — eine für mich und eine zum verschenken. Als diese dann vorgestern ankamen, lag auch noch eine dritte CD als mein Dankeschön dabei. Nun hatte ich also zwei Geschenke für mir liebe Menschen und konnte mich auch endlich an die obligatorische Rezension setzen, die diesmal anders als bei Tobi’s vorhergehender Scheibe »Alles kann anders sein« von 2018 somit kurz nach der Veröffentlichung am 24.12.2021 folgt.

Gefühlt ist das Album kompositorisch vielseitiger und komplexer als das letzte. Das zeigt schon das Instrumental »Das Erwachen« auf, welches als Intro dient. Zudem fallen mir immer wieder Naturmetaphern auf. Dies passt dazu, wie nach dem recht ruhigen Song »Die Elemente« der titelgebende Track »Es brennt« sowie die Lieder »Unschuldig schön« und »So klein« immer wieder die bestehenden, kapitalistischen Verhältnisse kritisieren und in diesem Rahmen auch die Umweltzerstörung und den fatalen Umgang mit dem Klimawandel anprangern. Auch mit »Die Wiesen blühen« und »Ein Freund« geht es politisch weiter. Hier werden der gesellschaftliche Rechtsruck und Rassismus thematisiert und für eine offene Aufnahme von Menschen geworben, die natürlich nur so lange fremd sind, wie wir nicht die Möglichkeit wahrgenommen haben, sie kennenzulernen.

Das darauf folgende Remix von »Die Welt steht auf’m Kopf« gefällt mir nicht so gut, wie das Original, welches Tobi bereits 2020 veröffentlichte, auch wenn der Text natürlich noch immer toll ist. Danach folgt nach »Der Freund« mit »Santa Clara« mein zweites von vier Highlights auf der CD — ein wunderschönes Liebeslied auf mein geliebtes revolutionäres Kuba. »Ein Licht für dich« und »Wie ein Kind« sind Lieder über die Vergänglichkeit und die Verluste, welche uns die Zeit unweigerlich zufügt. Das zweite von Beiden bietet dabei aber auch die hoffnungsvolle Perspektive auf Neues, was die Zukunft mit sich bringt.

Dann kommen mit »Dieses Lied ist ein Gewehr« sowie »Aus einem Land, das es nicht mehr gibt« meine Favoriten drei und vier. Wo das eine ein Lied voll Sehnsucht für den Frieden ist, den es im Kapitalismus sicher niemals geben wird, handelt das zweite von der Heimat, die Tobi wie mir in unserem vierten Lebensjahr genommen wurde und die trotz nötiger Kritik auch viele gute Seiten hatte. Das Lied kritisiert auch, dass Ost und West bis heute noch nicht zusammengewachsen sind, könnte meines Erachtens dabei aber noch klarer auf die Quasi-Annexion und die politische Arroganz der BRD als Grund hierfür eingehen. Stattdessen schlägt das Lied versöhnlichere Töne an und fragt neugierig nach dem, was uns in der gemeinsamen Zukunft erwartet. Das ist sicher auch gut.

Den Abschluss macht mit dem Track »Geld« eine Neuauflage vom Album »Unerhört« aus dem Jahr 2016. Im Ganzen ist das Album musikalisch und inhaltlich rund, solide und hat ein paar echte Perlen zu bieten. Ein wenig schade finde ich nur, dass es diesmal kein spanischsprachiges Lied mit auf die Scheibe geschafft hat.

Das Booklet ist stilvoll gestaltet und mit Fotografien aus dem Birkenstudio von Anne Stubenrauch und Ben Kriemann versehen, die auch die Fotos für meine letzte CD »Eine Scheinwelt namens Realität« geschossen hatten. Für mich komplettiert es den künstlerischen Gesamteindruck von Tobi’s sehr gelungenem neuen Album. Von mir gibt’s eine unbedingte Kaufempfehlung.

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