abgeschrieben: Freiheit für Grup Yorum!

In der Nacht vom 23. auf den 24. November wurden in der Türkei nun auch acht Mitglieder der linken Band Grup Yorum durch die Schergen des faschistischen AKP-Regimes verhaftet. Da ich selbst durch Kunst wirke und ich die Musik von Grup Yorum sehr schätze, hat mich diese Nachricht besonders betroffen gemacht. In der Zeitung junge Welt fand mein Freund Michael Streitberg sehr gute Worte zu diesen Vorgängen:

Vor der ausufernden Repres­sion und dem Abbau demokratischer Rechte in der Türkei ist schon lange niemand mehr sicher. In der Nacht zum Donnerstag bewies die Staatsmacht einmal mehr, dass auch Künstler im Visier der »Säuberungsaktionen« von Präsident Recep Tayip Erdogan stehen. Wie das linke Anwaltsbüro HHB über Twitter mitteilte, wurden acht Mitglieder der Band Grup Yorum im von dieser genutzten Idil-Kulturzentrum in Istanbul verhaftet.

Bei den Festgenommenen handelt es sich um Ali Araci, Inan Altin, Selma Altın, Sultan Gökcek, Firat Kil, Dilan Poyraz, Helin Bölek und Abdullah Özgün. Bereits in der letzten Woche waren sie bei einer Razzia im Kulturzentrum vorübergehend festgenommen worden. In einer von der türkischen Nachrichtenagentur Bianet zitierten Stellungnahme erklärte der Anwalt der Gruppe, Aytac Ünsal, dass neben den Bandmitgliedern auch vier anwesende Arbeiter verhaftet worden seien. Die Polizei habe gesetzeswidrig gehandelt, da sie keinen Durchsuchungsbefehl habe vorweisen können.

Bei den während der Razzien von den Beamten sichergestellten »Beweisstücken« handelt es sich laut Aussagen des Anwalts um Gasmasken, Hämmer, Ausgaben des Kulturmagazins Tavir und der politischen Zeitschriften Yürüyüs und Kurtulus sowie grüne Hemden und grüne Hosen. Bei den Zeitschriften handle es sich um legal erscheinende Publikationen, betonte Ünsal. Dem Nachrichtenportal Turkishpress News zufolge wirft die Staatsanwaltschaft Grup Yorum vor, Propaganda für die marxistisch-leninistische Organisa­tion »Revolutionäre Volksbefreiungspartei-Front« (DHKP-C) zu betreiben.

Seit ihrer Gründung im Jahr 1985 war die Band immer wieder Ziel von Repressionsmaßnahmen. Unzählige Male wurden ihre Mitglieder ins Gefängnis geworfen, mussten Haftstrafen und Folter über sich ergehen lassen. Konzerte der Band wurden untersagt, Alben beschlagnahmt und verboten. Auch der deutsche Staat unterstützte seinen NATO-Partner Türkei in seinem Verfolgungseifer. Ein Konzert der Gruppe in Gladbeck im Juni dieses Jahres versuchten die Behörden mit Einreiseverboten und anderen Mitteln zu verhindern. Allerdings ohne Erfolg: In Deutschland lebende Mitglieder der Band konnten schließlich im Rahmen eines Festivals gegen Rassismus unter freiem Himmel spielen.

Türkische Medien, unter ihnen die linke Zeitung Evrensel, berichteten am Donnerstag von einer Solidaritätsadresse der US-amerikanischen Liedermacherin Joan Baez, aus der sie ausführlich zitierten. Nach Aussage von Gruppenmitgliedern erklärte Baez: »Die Tatsache, dass ihr ins Gefängnis gesteckt wurdet, beweist, dass eure Musik Menschen berührt und bewegt hat. Sie beweist, dass ihr zu dem gestanden habt, woran ihr glaubt.« Aus Solidarität mit den Opfern politischer Verfolgung in der Türkei hatte Baez bereits im Juli ihre geplanten Konzerte in der Türkei abgesagt.

2014 und 2016 waren Grup Yorum auch auf der Rosa-Luxemburg-Konferenz der jungen Welt zu Gast gewesen. Auch in diesem Jahr konnten aufgrund von Einreiseverboten nur in Deutschland lebende Bandmitglieder anwesend sein. Diese begeisterten das Publikum unter anderem mit in mehreren Sprachen vorgetragenen Interpretationen von »Bandiera rossa« und »Bella Ciao«. Das Schicksal ihrer Verhaftung teilen sie nun mit Selahattin Demirtas, der als Referent auf der nächsten Konferenz am 14. Januar eingeplant ist. Auch der Kovorsitzende der linken und prokurdischen Oppositionspartei HDP sitzt seit Anfang November im Gefängnis.

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