Das Thema der »Querdenker« lässt mich nicht los. Es saugt zur Zeit sogar ziemlich viel Kraft. Erst kürzlich entdeckte ich, dass nach Max Liebersi auch Bert Kartesas, mit dem ich früher ein paar mal auf der gleichen Bühne standii, in das Lager der Querfrontler*innen und Verschwörungsgläubigen gewechselt ist. Das macht für mich wieder eine Distanzierung nötig, da ich mit dem widerlichen Antisemitismus, der auf deren Veranstaltungen propagiert wird, einfach in keiner Weise in Verbindung stehen will. So trat Bert schon am 04.11.2020 bei einer Veranstaltung von »Querdenken Berlin« mit Dietmar Lucas von »dieBasis«, Anselm Lenz und Hendrik Sodenkamp auf dem Berliner Alexanderplatz auf.iii Lenz äußerte dabei über die Tech-Unternehmen aus dem Silicon Valley den Satz »Diese Leute sind das Unglück«iv und spielte damit wohl direkt und in antisemitischer Manie auf einen 1879 veröffentlichten Aufsatz von Heinrich von Treitschke an, in welchem dieser behauptet »Die Juden sind unser Unglück«, was später zum Schlagwort des nationalsozialistischen Hetzblattes »Der Stürmer« wurde. Immer wieder trat Bert in solchem Rahmen aufv und lief bei entsprechenden Umzügen mitvi. Zu dem antisemitischen Geschmiere in »Der Stürmer« bleibt noch zu erwähnen, dass nicht nur dessen Herausgeber Julius Streicher Impfungen als Form der »Rassenschande« durch »jüdische Ärzte« diffamierte. Generell war der große Anteil von anthroposophischen Anhänger*innen der NSDAP wie heutige »Querdenker« der Überzeugung, dass »Impfstoffe eine Erfindung jüdischer Pharmakonzerne« seien, um das »deutsche Volk« durch die »Veränderung der Gene« zu zerstören. Folglich wurde die Impfpflicht gegen Pocken schon zu Beginn der NS-Diktatur aufgehoben.vii Über den faschistoiden Background der anthroposophischen Partei »dieBasis« äußerte ich mich beiläufig bereits in meinem letzten Artikel zu »Eine[r] besonders krude[n] Querfront der Querfronten«. Und da sind wir beim nächsten Punkt. Kaum äußert man sich öffentlich über die Anhänger*innen von »Querdenken«, wird man mit deren Müll zugekippt, der offensichtlich einem gigantischen Drang zur Selbstdarstellung zu entspringen scheint. So erhielt ich Mails von Leuten, die offensichtlich aus dem Umfeld des antideutschen »Laidak« in Neukölln zu kommen scheinen, in welchen ich dann z.B. mit einem Artikel genervt wurde, in dem Antifaschist*innen, die sich gegen Querfrontbestrebungen einsetzen, als »Miniwächter der Ordnung« und damit quasi staatlich gesteuert dargestellt werden. Leute, die jede Positionierung für Tests, Mund-Nasen-Masken und Impfungen als faschistisch niederbrüllen, werfen einem dann vor, durch eine Mini-Recherche »eine offene gesellschaftliche Debatte zu diesem Thema unmöglich zu machen« und behaupten, dass es illegitim sei, aus verwendeter NS-Sprache durch Querdenken-Akteure wie Lenz oder der selbst so genannten »Freien Linken« auf deren Nähe zu entsprechender rechter Ideologie zu folgern. Dies sei, so der dreiste Ansatz der Verfasser der Mail, genauso, als wenn man aus dem Künstlernamen Tintenwolf schließen würde, dass ich ein »stalinoid-turkofaschistischer Querfrontler« wäre, da sich faschistische Gruppierungen wie die »Grauen Wölfe« ja immer wieder auf Wölfe beziehen würden und Stalin seine Todesurteile mit Tinte unterzeichnet habe. Das ich mich als begeisterter Freund von Wölfen über mein Gedicht »was wölfe wirklich gefährlich macht« bereits explizit gegen die Vereinnahmung von Wölfen durch Faschist*innen geäußert habe und die Tinte auf das Schreiben von Gedichten anspielt, ist offensichtlich die ferner liegende Begründung. Alleine schon der Ansatz harte antisemitische Parolen durch solch wirre Wortspielereien zu verharmlosen, ist extrem anti-dialektisch und entbehrt jeder materialistischen Begründung. Auf solchen Wahnwitz habe ich keinen Bock.
Read moreTag Archive for faschismus
Eine besonders krude Querfront der Querfronten
Erst diese Woche erfuhr ich von einer besonders ekelhaften Querfront-Veranstaltung der sogenannten »Querdenker« am 16.09.2021 vor der Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz. Die von sich selbst so genannte »Freie Linke«, welche u.a. mehrfach ihren »Marktplatz der Demokratie« am Nettelbeckplatz im Wedding mit der AFD-nahen, faschistischen, anthroposophischen Corona-Leugner*innen-Partei »dieBasis«, den evangelikalen, klerikalfaschistischen »Christen im Widerstand« & einer Gruppe, welche sich selber »Berliner Kommunarden« nennt und damit wohl auf die historische Kommune 1 in Berlin Bezug nehmen möchte, abgehalten hat,i und die hippsterige Querdenktruppe »Freedom Parade« um den Party-DJ Michael Bründel alias Captain Future waren angetreten, um gegen die 2G-Regel (Zutritt nur für Geimpfte oder Genesene) bei der Einführungsveranstaltung des neuen, moderat antikapitalistischen, antirassistischen & feministischen Intendanten der Volksbühne – René Pollesch – zu protestieren.ii Das wirklich krude an diesem Aufmarsch war, dass neben der »Freien Linken«, die sich gerne als »antiimperialistisch« versteht, damit aber im Sinne des deutschen Faschismus der NSDAP den Kampf gegen die angeblich vom »Weltjudentum« gesteuerte USA meint, ohne deren Funktion in einem kapitalistisch-imperialistischen Machtgefüge auf der Erde wirklich zu begreifen, mit Thomas Maul und Bernd Volkert auch jene Querfront mit der Neuen Rechten vertreten war, die sich Anti-Deutsche Bewegung nennt und extrem islamfeindlich & bedingungslos israelsolidarisch ist. Bernd Volkert betreibt das »Laidak« in Neuköllniii und schreibt für die, von Jürgen Elsässer mitgegründete »Jungle World«iv. Thomas Maulv schreibt als Autor für die ebenfalls von Jürgen Elsässer mitgegründete »Bahamas« sowie als Gastautor für »Die Achse des Guten« von Henryk M. Broder, Dirk Maxeiner & Michael Miersch.vi Der besondere Grusel bei der faschistischen Kundgebung liegt also bei dem Zusammenkommen zweier Querfrontgruppierungen – der angeblich antiimperialistischen »Freien Linken«, welche zusammen mit antisemitischen Positionen der alten, NS-Rechten zusammengeht und Phrasen vom »entarteten Finanzkapitalismus« drischtvii auf der einen Seite und die Anti-Deutschen, welche traditionell mit der anti-islamischen Neuen Rechten zusammenstehen – so wird z.B. von der German Defence League von »Israel als Frontstaat gegen die islamische Barbarei« gesprochen, wogegen die Bahamas »Israel als Frontstaat gegen den islamischen Faschismus« bezeichnet – auf der Anderen. Die Querfront der Querdenker gegen die Maßnahmen zur Corona-Bekämpfung bringt sie ebenfalls einer Querfront gleich zusammen, die Antisemit*innen und die Anti-Deutschen.
Read moreMir lebn ejbig!

Heute vor 87 Jahren wurde Erich Kurt Mühsam im Alter von 56 Jahren im KZ Oranienburg von der SS ermordet. Am heutigen Tag verstarb Esther Bejarano im Alter von 96 Jahren. Beide waren antifaschistische Künstler*innen, die mich tief bewegt haben. Bis zuletzt stellten sie sich gegen die herrschenden Bestien. Noch im hohen Alter scheute es Esther Bejarano, die selbst das KZ Auschwitz überlebt hatte, nicht, sich Cops und Nazis in den Weg zu stellen, wenn sie Faschismus und Antisemitismus propagierten, wo Letzterer in der BRD nur da kritisiert wird, wo er missbräuchlich vorgeworfen wird, um Gegner*innen von der Besatzungspolitik und den Kriegen Israels zu kriminalisieren, oder wo der Vorwurf anderweitig Verwendung findet, um fortschrittliche Kräfte mundtot zu machen. Der Kampf gegen faschistische Umtriebe bleibt in einem kapitalistischen Staat sowieso jenen aufgebürdet, die bereit sind, die soziale Frage zu stellen. Von den Eliten ist kein Antifaschismus zu erwarten. All dies war Esther und Erich Zeit Lebens klar und immer wieder haben sie ihren Protest und ihren Widerstand gegen diese herrschenden Verhältnisse auch in ihre Kunst einfließen lassen, welche auch meine Gedichte immer wieder prägt. Ich empfinde tiefe Dankbarkeit für ihr Vermächtnis und die Inspiration, die sie damit für die Kunst aber auch den politischen Kampf vermitteln. Damit helfen sie, dass der antifaschistische Widerstand ebenso erhalten bleiben wird, wie der Kapitalismus den Faschismus als möglichen Überbau mit sich schleppt. Egal ob versucht wird Rote Hilfe, DKP, VVN-BdA, junge Welt oder antifaschistische Gruppen/Aktionen zu kriminalisieren, ob sie morden oder verleumden. Eines steht fest: Mir lebn ejbig – Wir leben ewig!
Finst’re Nacht
Erinnerst du dich noch?
Es ist schon viel zu lange her.
Blockierte Nazidemos
gibt es heut’ nicht mehr.
»Querdenken« & AfD
marschier’n geschützt von Polizei,
lamentier’n von »der Verschwörung«.
Nur ihr Wahn ist heut’ noch frei.
Sind der Freiheit Untergang,
waren niemals Widerstand,
mit dem Tiefen Staat vereint.
‘Ne finst’re Nacht bricht über’s Land.
Creative Commons CC BY-NC-ND by Tintenwolf
(geschrieben am 14.05.2021)
Stellungnahme zu einem in die Querfront abgedrifteten Kollegen
Ein Bekannter von mir – Max Liebers, der unter anderem bei der Vertonung meines Gedichts »Für den Krieg niemals!« mitgewirkt hat – ist in das Lager der »Querdenker« gewechselt. Bei aller persönlicher Sympathie die ich hatte, muss ich zugeben, dass ich ihn nicht gut genug kannte, um vorherzusehen, dass er einer Querfront mit Faschisten verfallen würde. Klar ist, dass ich mich davon distanziere und niemals mit ihm zusammengewirkt hätte, wenn er damals für mich erkennbar solche Positionen vertreten hätte.
Neulich, nach einem Telefonat, in welchem ich Impfungen gegen Corona als sinnvoll verteidigte, begann er mir dann Videos einer sich selbst »Freie Linke« nennenden Querdenk-Querfront-Gruppe sowie einer ebenfalls querfrontlerischen angeblichen französischen Antifa-Gruppe aus dem Gelbwesten-Milieu zukommen zu lassen, in welchen die Zigtausend Toten durch das Virus einfach geleugnet wurden und die Sprache vom »entarteten Finanzkapitalismus« war. Ich wies ihn auf den Nazisprech in solchen Begrifflichkeiten – 1.) der biologistische Ansatz der Entartung & 2.) die Fixierung auf das Finanzkapital statt auf den Kapitalismus an sich, was auf die Unterteilung in »jüdisches, raffendes« Finanzkapital und »deutsches, schaffendes« Industriekapital zurückgeht (Vgl. z.B. »Geld und Antisemitismus – Der strukturelle Wahn in der warenproduzierenden Moderne« von Robert Kurz.) – hin und stellte klar, dass ein Verleugnen der Toten nur dazu dient, diese zu verhöhnen. Daraufhin stand für ihn fest, ich hätte »vom Neoliberalismus unterwanderte und vom Deepstate geformte faschistoide Ansichten die [m]ich aktuell den Neofaschismus unterstützen« [!sic] ließen. Natürlich versuchte ich, ihn noch zu überzeugen, dass er auf einen rechten Irrweg geraten ist, auf dem er sicher nicht sein wolle. Doch der wahnwitzigen Behauptung, die Impfungen dienten der Veränderung unserer Gene, kam ich auch mit biochemischen Fakten nicht bei. Und natürlich behauptete er eine Verschwörung, die von Bill Gates ausgehe und einen Deep State bilde, statt mit einem Tiefen Staat die tatsächliche Verschränkung von Polizei und Verfassungsschutz mit AfD und rechten Terrorgruppen sowie deren Think Tanks zu bezeichnen (Vgl. »Der Neue Faschismus (II) – Neofaschisten und der tiefe Staat im Aufbau Braun« in der Broschüre »Deutschland ist Brandstifter. Broschüre gegen den BRD-Imperialismus und den Mythos Friedliche Revolution« der North East Antifascists [NEA] & der Antifa Westberlin [AWB], Seite 86-101). Die junge Welt – die als einzige Zeitung in der BRD wegen ihrer wissenschaftsbasierten, dialektisch-materialistischen Opposition vom Verfassungsschutz terrorisiert wird – war für ihn ein Systemmedium voll staatlicher Propaganda.
Mir bleiben vier Punkte festzustellen:
- Es ist wahnsinnig gruselig, zu welch kruden Gedanken Menschen fähig sind und wie schwer bis unmöglich es ist, mit wissenschaftlichen Fakten zu ihnen durchzudringen, wenn sie sich einmal ihre Scheinwelt errichtet haben.
- Direkt im Zusammenhang dazu fällt es mir jetzt doch etwas schwerer über Verschwörungsglauben zu lachen. Für mich hat so etwas genauso wie Religion nur in einem guten Fantasybuch etwas zu suchen. Die Hohlwelt Tharun und die von Erzmagus Rakorium Muntagonus vermutete Verschwörung der Echsenmenschen in Das Schwarze Auge (DSA) zum Beispiel. Krass wie sowas den Geist von Personen im realen Leben zerfressen kann.
- Klar sehe ich sehr viel Kritikwürdiges an der kapitalistischen Politik generell als auch rund um die Pandemie. Zu nennen wären u.a. die Angriffe auf private Freiheiten, während Unternehmen kaum reglementiert werden. Zunehmende Tendenzen zur Unterdrückung auch wissenschaftsbasierter Opposition gegen die deutsche Corona-Politik werden durch so etwas wie »Querdenken« nur erleichtert, weil sich diese leicht in die selbe Tonne treten lässt. Insofern stellen »Querdenken«, »Widerstand2020«, »Die Basis« und andere rechte Gruppen auch keine Opposition dar, sondern sie sind der Herrschaft nützliche Idioten. Echte Opposition leisten an dieser Stelle Hände weg vom Wedding!, #nichtaufunseremrücken, die DKP und andere linke Gruppierungen, Kampagnen und Parteien.
- Lieber gelte ich als Echsenmensch, als jemals zu den Nazis überzulaufen.
Winde des Winters
Wo des Winters frost’ge Winde uns nahen,
weil der Wahn bricht wieder herein,
was die Weisen, die wussten, einst sahen,
wir müssen weichen und werden schrei’n.
Worte, die wider dem Wissen sind gesagt,
werden so wahr entgegen wirklichem Sein.
Weshalb sie Wunder erwarten, wirst du gefragt,
wenn die Welten vergehen wie Schein.
Creative Commons CC BY-NC-ND by Tintenwolf
(geschrieben am 19.01.2021,
entstand im Rahmen des Satjira-Projects (siehe »Winde des Winters«))
Wir sind alle Antifa!

Antifaschismus lässt sich nicht verbieten
Erklärung gegen das geplante Verbot antifaschistischer Gruppen in Niedersachsen
Am Freitag, den 15. Januar 2021 haben wir erfahren, dass Boris Pistorius als niedersächsischer Innenminister ein Verbot antifaschistischer Gruppen prüfen will. Boris Pistorius reagiert damit auf den “Bund deutscher Kriminalbeamter”, welcher in Trumpscher Manier ein Verbot der “ANTIFA” fordert.
Unbewiesene Behauptungen und falsche Vorstellungen angeblicher Organisationsstrukturen stellen wieder einmal die Realität auf den Kopf:
In den letzten Jahren sind erschreckende Beispiele rassistischer und antisemitischer Attentate und Morde bekannt geworden. Die Mordserie des NSU endete im November 2011 erst mit der Selbstenttarnung des Kerntrios. Am 9. Oktober 2019 verübte ein Rassist Attentate auf eine Synagoge und einen Döner-Imbiss in Halle. Und am 19. Februar 2020 ermordete ein Mann zehn Menschen in Hanau, ebenfalls aus rassistischen und faschistischen Motiven. Auch die Attentate auf Henriette Reker in Köln und Walter Lübcke in Kassel hatten rassistische Hintergründe. Beide hatten sich für die Unterbringung von Geflüchteten eingesetzt. In den Schlagzeilen wird oft das Bild einzelner Täterinnen und Täter bedient. Über Unterstützungsnetzwerke wird wenig, über gesellschaftliche Gründe von Rassismus und Ungleichwertigkeitsideologie kaum berichtet.
Auch immer neue Schlagzeilen über rechte und faschistische Netzwerke in deutschen Sicherheitsbehörden werden als Einzelfälle verharmlost.
Abseits dieser rassistischen Eisbergspitzen wurde der AfD nichts entgegengesetzt, als diese die Grenzen des Sagbaren über die Grenzen der Humanität hinweg verschob.
Die Überlebenden des Konzentrationslagers Buchenwald schworen bei der Befreiung des Lagers am 19. April 1945:
»Die Vernichtung des Nazismus mit seinen Wurzeln ist unsere Losung. Der Aufbau einer neuen Welt des Friedens und der Freiheit ist unser Ziel.«
Schon sie wussten, dass nicht nur der deutsche Faschismus besiegt,
sondern auch eine andere Welt erkämpft werden muss. Wären die
Überlebenden des KZ Buchenwald heute auch “linksextrem”?
Wer links und rechts, wie beim Hufeisenmodell, gleichsetzt, verteidigt
nicht die Demokratie, sondern diffamiert und bekämpft die, die für eine
solidarische Gesellschaft kämpfen, in der alle Menschen ohne Angst
gemeinsam unterschiedlich sein können.Insbesondere in diesen Zeiten
braucht es keine Verbote, sondern vielmehr Förderung und Teilnahme an
Antifa. Es braucht eine starke Zivilgesellschaft, die sich
antifaschistisch engagiert und sich rechten Ideologien entschlossen
entgegen stellt. Es braucht weiterhin die Arbeit antifaschistischer
Aktivist*innen, die mit ihren Recherchen maßgeblich zur Aufklärung
rechter Anschläge und Aufdeckung rechter Netzwerke beitragen. Und es
braucht lauten Protest, wenn versucht wird, Antifaschismus zu
deligitimieren und zu kriminalisieren.
Wir stehen solidarisch zusammen und fordern: Kein Verbot antifaschistischer Gruppen in Niedersachsen!
#WirsindalleAntifa
https://wirsindalleantifa.wordpress.com/
Mal wieder zur Extremismus-Doktrin
Die Extremismus-Doktrin war schon immer krude und ließ sich wissenschaftlich noch nie belegen. Der Versuch, antikapitalistischen Protest mit mordenden Neonazis gleichzusetzen, ist ebenso pervers, wie das Gerede von den »zwei totalitären, deutschen Diktaturen«, bei dem die friedliebende, fehlerbehaftete, sozialistische DDR mit dem kriegsführenden, völkermörderischen, kapitalistischen Deutschen Faschismus auf eine Stufe gestellt wird. Dass es sich hierbei um nichts als die Propaganda der Herrschenden handelt, war heute erneut klar zu sehen. Die deutsche Polizei hat gleich zum Jahresauftakt einmal mehr bewiesen, dass sie bevorzugt auf progressive Kräfte drauf schlägt, während sie, wie im letzten Jahr zur Genüge gezeigt, mit Querdenknazis kuschelt und für einen Hitlergruß auch mal einen nach oben gereckten Daumen übrig hat. Wie so oft, werden die eigenen Gesetze ignoriert, wenn cop dafür nur gegen Linke prügeln kann. Schnell wird dann vergessen, dass die FDJ mit der Einverleibung der DDR relegalisierten wurde. Ich muss deren Kurs heutzutage nicht für richtig oder sonderlich reflektiert halten, um doch festhalten zu müssen, dass es illegal, illegitim und verwerflich ist, zu behaupten, sie sei verboten, nur um auf eine friedliche Demonstration loszugehen. Dennoch wurde im Rahmen der heutigen LL-Demo genau so gehandelt und somit wiederholt bewiesen, dass die Extremismus-Doktrin zu nichts anderem dient, als Linke zu kriminalisieren und gleichzeitig Geschichtsklitterei nach rechts zu begehen. Dass das Kapitol in Washington DC und die Freitreppe des Reichstagsgebäudes in Berlin durch neonazistische Verschwörungstheoretiker*innen bei minimalem Polizeiaufgebot gestürmt werden können, während Antifaschist*innen ganzen Armeen mit Wasserwerfern, Gummigeschossen, Schlagstöcken, Pfefferspray und Tränengas gegenüberstehen, ist insofern nur symptomatisch. Natürlich ist es kein Wunder oder gar sonderlich skandalös, dass die Polizei entsprechend handelt. So war der Deutsche Faschismus – und ist der Faschismus im Allgemeinen – nichts anderes als ein anderer gesellschaftlicher Überbau der kapitalistischen Wirtschaftsordnung und natürlich liebäugeln die heutigen Eliten und ihre Kettenhunde in Justiz- und Polizeiapparat genauso nach diktatorischer Macht, wie ihre querdenkenden Gesinnungskamerad*innen. Aber gerade deswegen ist es notwendig, solche Umstände immer wieder aufzuzeigen. Für freiheitlich-demokratische, progressive Menschen, die eine Welt ohne Faschismus, Ausbeutung und Krieg anstreben, hätte das Jahr 2021 besser beginnen können.
Kurzbiografie: Erich Mühsam

Folgenden Text schrieb ich für das internationalistische Gedenkprojekt »Kämpfen & Gedenken« rund um mein gleichnamiges Musikvideo:
Erich Kurt Mühsam (06.04.1878-10.07.1934) wurde als Kind eines Apotheker*innen-Paars in Berlin geboren. Sein Vater war ein Vertreter jener Art, die ihren Kindern Manieren mit dem Rohrstock beizubringen versuchten – militaristisch, national-liberal und sehr autoritär. Schon früh stand für Erich fest, dass er nicht in die Fußstapfen seiner Eltern treten wollte. Er wandte sich der Literatur und der Lyrik zu, wobei er vielfach in Berührung mit anarchistischen Ideen kam. Zu seinen neuen Bekannten zählte unter anderem der Schriftsteller Gustav Landauer.
Dem Ersten Weltkrieg und der Kriegsbegeisterung – auch unter befreundeten Schriftsteller*innen wie Thomas Mann – begegnete er schnell mit Kritik und brachte sich auch aktiv in Proteste gegen den Militarismus ein, was ihm zu Kriegsende – ab November 1918 – sechs Monate Arrest in Traunstein einbrachte. Als der Versuch von Arbeiter*innen und Soldat*innen, die Macht von Militärs und Kapital mithilfe einer Revolution zu beseitigen, durch die Sozialdemokratische Partei Deutschlands (kurz: SPD) und ihre verbündeten Freikorps in großen Teilen Deutschlands niedergeschossen wurde, schlossen sich Erich Mühsam und Gustav Landauer dem von Kurt Eisner ausgerufenen Freistaat Bayern an. Strömungsübergreifend engagierten sich dort Marxist*innen, Anarchist*innen und einige unabhängige Sozialdemokrat*innen für eine direkte Rätedemokratie, wie sie von den autoritären Vertreter*innen des Parlamentarismus strikt abgelehnt wurde. Kurt Eisner wurde am 21. Februar 1919 von einem Mitglied der faschistischen Thule-Gesellschaft ermordet und am 7. April wurde der Versuch unternommen, die Errungenschaften des Freistaates Bayern in der Münchner Räterepublik zu retten, die vier Wochen später durch Freikorps zerschlagen wurde. Ca. 2.000 Menschen wurden unter Schirmherrschaft der SPD ermordet und den Freikorps, aus denen sich später die Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei (kurz: NSDAP) und vor allem deren paramilitärische Verbände »Schutzstaffel« (kurz: SS) und »Sturmabteilung« (kurz: SA) rekrutieren sollten, der weitere Weg bereitet.
Mühsam wurde für seine demokratischen Tätigkeiten inhaftiert. In Folge seiner neuerlichen Hafterfahrung setzte er sich vehement für eine Gefangenensolidarität von der Kommunistischen Partei Deutschlands (kurz: KPD), der Kommunistischen Arbeiterpartei Deutschlands (kurz: KAPD) und der Allgemeinen Arbeiter-Union – Einheitsorganisation (kurz: AAU-E) über kommunistische Anarchist*innen bis hin zur anarchosyndikalistischen Freien Arbeiter-Union Deutschlands (kurz: FAUD) in der Roten Hilfe ein. Seine bis heute wohl bekannteste Veröffentlichung aus dem Bereich der Gefangenensolidarität ist das Stück »Staatsräson« – ein Plädoyer für die Freilassung der US-amerikanischen Anarchisten Ferdinando Sacco und Bartolomeo Vanzetti, die die US-Justiz mittels fingierter Beweise verhaften und 1928 hinrichten ließ.
Mit der Machtübergabe an die NSDAP durch die kapitalistischen Eliten der Weimarer Republik wurde Erich Mühsam wie viele andere Antifaschist*innen verfolgt, verschleppt und ermordet. Im KZ Oranienburg folterten und erhängten ihn die Schergen der SS. Er hinterließ uns ein reiches Erbe an Gedichten, Bühnendramen und politischen Sachtexten. Sein Vermächtnis ist außerdem ein Appell für die Einheit der verschiedenen linken Strömungen im Kampf gegen Faschismus, Ausbeutung und Krieg.
Vgl. den Reader »Erich Mühsam. Anarchist, Antifaschist, Freigeist« der North-East Antifascists [NEA].
Jeden Abend werfe ich
(von Erich Mühsam; 1909)
Jeden Abend werfe ich
eine Zukunft hinter mich,
die sich niemals mehr erhebt –
denn sie hat im Geist gelebt.
Neue Bilder werden, wachsen;
Welten dreh’n um neue Achsen,
werden, sterben, lieben, schaffen.
Die Vergangenheiten klaffen. –
Tobend, wirbelnd stürzt die Zeit
in die Gruft. — Das Leben schreit!
Kurzbiografie: Víctor Jara

Folgenden Text schrieb ich für das internationalistische Gedenkprojekt »Kämpfen & Gedenken« rund um mein gleichnamiges Musikvideo:
Víctor Jara (28.09.1932-16.09.1973) war ein chilenischer Liedermacher. Geboren wurde er in der Ortschaft Lonquén in der Nähe von Santiago de Chile in bäuerlichen Verhältnissen. Von seiner Mutter bekam er die Liebe zur Musik vermittelt und er gilt als einer der wichtigsten Vertreter des »Nueva Canción«, was übersetzt »Neues Lied« bedeutet und eine bedeutende Stilrichtung in Lateinamerika ist. Als aktives Mitglied der Partido Comunista de Chile (deutsch: Kommunistische Partei Chiles; kurz: PCCh) setzte er sich für die Rechte der Land- und Industriearbeiter*innen ein, deren Situation unter der Führung des Landes durch verschiedene christlich-konservative Parteien sehr schlecht war. Ab 1969 unterstütze Víctor Jara deshalb das neu gegründete Wahlbündnis Unidad Popular (deutsch: Vereinte Bevölkerung; kurz: UP) um den sozialdemokratischen Politiker Salvador Allende. 1970 gewann die UP die Wahlen und Allende wurde Präsident von Chile. Unter ihm wurden die Möglichkeiten zur Ausbeutung des Landes durch internationale Konzerne beschnitten und viele soziale Maßnahmen durchgeführt. Der bisherigen Unterernährung von Kindern wurden z.B. Programme entgegengesetzt, die unter anderem die Versorgung jedes Kindes mit einem halben Liter Milch pro Tag vorsahen. Die landwirtschaftlichen Nutzflächen, welche zuvor nur wenigen Großgrundbesitzer*innen gehört hatten, welche die Großzahl der Landarbeiter*innen unter ärmlichsten Bedingungen für sich arbeiten ließen, wurden gerecht unter allen Landarbeiter*innen von Chile verteilt.
Die Verwendung der Reichtümer Chiles für soziale Zwecke und zur Deckung der Bedürfnisse der Bevölkerung statt zur Maximierung des Kapitals großer Unternehmen führte dazu, dass Unternehmen und christlich-konservative Politiker*innen gemeinsam mit den USA und vor allem deren Geheimdienst CIA und der US Army auf einen Umsturz der gewählten Regierung hinarbeiteten. Als Handlanger für diese Umsetzung der Regime-Change-Doktrin wurden Faschisten im chilenischen Militär rund um den General Augusto Pinochet unterstützt. Am 11. September 1973 putschten sich die faschistischen Militärs an die Macht, ermordeten Allende und machten Pinochet zu ihrem neuen Präsidenten. Als Diktator ließ dieser tausende Anhänger*innen der Allende-Regierung verfolgen. Überall im Land wurden Konzentrationslager eingerichtet, um Menschen einzusperren, auf unmenschlichste Weise zu foltern und zu ermorden. Eines davon war das umfunktionierte Estadio Chile. In diesem wurde auch Víctor Jara inhaftiert. Um seinen Mitgefangenen Mut zu machen, sang er für sie und musizierte dazu mit den Händen, woraufhin ihm die Soldaten die Hände brachen und die Zähne ausschlugen. Als sie ihn auch damit nicht stumm machen konnten, wurde er erschossen. Víctor Jara, Salvador Allende und all die anderen Ermordeten von Chile sind der Beweis, dass eine friedliche Abkehr vom kapitalistischen System von dessen Eliten niemals zugelassen und stattdessen blutig bestraft werden wird. Unter der Pinochet-Diktatur wurde Chile zum neoliberalen Musterland ausgebaut und somit aufgezeigt, dass Faschismus und bürgerlicher Kapitalismus mitnichten zwei verschiedene Systeme sind, sondern sich eine faschistische Regierungsform wunderbar als Überbau für ein kapitalistisches Wirtschaften eignet.