Tag Archive for faschismus

Morgenrot

Träumst du noch davon?
Es kann auch wieder sein,
dass aufrecht geh’nde Menschen
von den Faschisten sich befrei’n.

Der Weg der wird kein leichter
gegen »Querdenken«, AfD und auch den Staat.
Doch nur wenn wir ihn gehen,
pflanzen wir die Saat.

Für ein Leben einst in Freiheit,
Antifa heißt Widerstand
gegen rechten Terrorismus
und für ein Morgenrot im Land.

Creative Commons CC BY-NC-ND by Tintenwolf
(geschrieben am 14.05.2021)

Finst’re Nacht

Erinnerst du dich noch?
Es ist schon viel zu lange her.
Blockierte Nazidemos
gibt es heut’ nicht mehr.

»Querdenken« & AfD
marschier’n geschützt von Polizei,
lamentier’n von »der Verschwörung«.
Nur ihr Wahn ist heut’ noch frei.

Sind der Freiheit Untergang,
waren niemals Widerstand,
mit dem Tiefen Staat vereint.
‘Ne finst’re Nacht bricht über’s Land.

Creative Commons CC BY-NC-ND by Tintenwolf
(geschrieben am 14.05.2021)

Winde des Winters

Wo des Winters frost’ge Winde uns nahen,
weil der Wahn bricht wieder herein,
was die Weisen, die wussten, einst sahen,
wir müssen weichen und werden schrei’n.

Worte, die wider dem Wissen sind gesagt,
werden so wahr entgegen wirklichem Sein.
Weshalb sie Wunder erwarten, wirst du gefragt,
wenn die Welten vergehen wie Schein.

Creative Commons CC BY-NC-ND by Tintenwolf
(geschrieben am 19.01.2021,
entstand im Rahmen des Satjira-Projects (siehe »Winde des Winters«))

Kurzbiografie: Erich Mühsam

Folgenden Text schrieb ich für das internationalistische Gedenkprojekt »Kämpfen & Gedenken« rund um mein gleichnamiges Musikvideo:

Erich Kurt Mühsam (06.04.1878-10.07.1934) wurde als Kind eines Apotheker*innen-Paars in Berlin geboren. Sein Vater war ein Vertreter jener Art, die ihren Kindern Manieren mit dem Rohrstock beizubringen versuchten – militaristisch, national-liberal und sehr autoritär. Schon früh stand für Erich fest, dass er nicht in die Fußstapfen seiner Eltern treten wollte. Er wandte sich der Literatur und der Lyrik zu, wobei er vielfach in Berührung mit anarchistischen Ideen kam. Zu seinen neuen Bekannten zählte unter anderem der Schriftsteller Gustav Landauer.

Dem Ersten Weltkrieg und der Kriegsbegeisterung – auch unter befreundeten Schriftsteller*innen wie Thomas Mann – begegnete er schnell mit Kritik und brachte sich auch aktiv in Proteste gegen den Militarismus ein, was ihm zu Kriegsende – ab November 1918 – sechs Monate Arrest in Traunstein einbrachte. Als der Versuch von Arbeiter*innen und Soldat*innen, die Macht von Militärs und Kapital mithilfe einer Revolution zu beseitigen, durch die Sozialdemokratische Partei Deutschlands (kurz: SPD) und ihre verbündeten Freikorps in großen Teilen Deutschlands niedergeschossen wurde, schlossen sich Erich Mühsam und Gustav Landauer dem von Kurt Eisner ausgerufenen Freistaat Bayern an. Strömungsübergreifend engagierten sich dort Marxist*innen, Anarchist*innen und einige unabhängige Sozialdemokrat*innen für eine direkte Rätedemokratie, wie sie von den autoritären Vertreter*innen des Parlamentarismus strikt abgelehnt wurde. Kurt Eisner wurde am 21. Februar 1919 von einem Mitglied der faschistischen Thule-Gesellschaft ermordet und am 7. April wurde der Versuch unternommen, die Errungenschaften des Freistaates Bayern in der Münchner Räterepublik zu retten, die vier Wochen später durch Freikorps zerschlagen wurde. Ca. 2.000 Menschen wurden unter Schirmherrschaft der SPD ermordet und den Freikorps, aus denen sich später die Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei (kurz: NSDAP) und vor allem deren paramilitärische Verbände »Schutzstaffel« (kurz: SS) und »Sturmabteilung« (kurz: SA) rekrutieren sollten, der weitere Weg bereitet.

Mühsam wurde für seine demokratischen Tätigkeiten inhaftiert. In Folge seiner neuerlichen Hafterfahrung setzte er sich vehement für eine Gefangenensolidarität von der Kommunistischen Partei Deutschlands (kurz: KPD), der Kommunistischen Arbeiterpartei Deutschlands (kurz: KAPD) und der Allgemeinen Arbeiter-Union – Einheitsorganisation (kurz: AAU-E) über kommunistische Anarchist*innen bis hin zur anarchosyndikalistischen Freien Arbeiter-Union Deutschlands (kurz: FAUD) in der Roten Hilfe ein. Seine bis heute wohl bekannteste Veröffentlichung aus dem Bereich der Gefangenensolidarität ist das Stück »Staatsräson« – ein Plädoyer für die Freilassung der US-amerikanischen Anarchisten Ferdinando Sacco und Bartolomeo Vanzetti, die die US-Justiz mittels fingierter Beweise verhaften und 1928 hinrichten ließ.

Mit der Machtübergabe an die NSDAP durch die kapitalistischen Eliten der Weimarer Republik wurde Erich Mühsam wie viele andere Antifaschist*innen verfolgt, verschleppt und ermordet. Im KZ Oranienburg folterten und erhängten ihn die Schergen der SS. Er hinterließ uns ein reiches Erbe an Gedichten, Bühnendramen und politischen Sachtexten. Sein Vermächtnis ist außerdem ein Appell für die Einheit der verschiedenen linken Strömungen im Kampf gegen Faschismus, Ausbeutung und Krieg.

Vgl. den Reader »Erich Mühsam. Anarchist, Antifaschist, Freigeist« der North-East Antifascists [NEA].


Jeden Abend werfe ich
(von Erich Mühsam; 1909)

Jeden Abend werfe ich
eine Zukunft hinter mich,
die sich niemals mehr erhebt –
denn sie hat im Geist gelebt.
Neue Bilder werden, wachsen;
Welten dreh’n um neue Achsen,
werden, sterben, lieben, schaffen.
Die Vergangenheiten klaffen. –
Tobend, wirbelnd stürzt die Zeit
in die Gruft. — Das Leben schreit!

Kurzbiografie: Víctor Jara

Folgenden Text schrieb ich für das internationalistische Gedenkprojekt »Kämpfen & Gedenken« rund um mein gleichnamiges Musikvideo:

Víctor Jara (28.09.1932-16.09.1973) war ein chilenischer Liedermacher. Geboren wurde er in der Ortschaft Lonquén in der Nähe von Santiago de Chile in bäuerlichen Verhältnissen. Von seiner Mutter bekam er die Liebe zur Musik vermittelt und er gilt als einer der wichtigsten Vertreter des »Nueva Canción«, was übersetzt »Neues Lied« bedeutet und eine bedeutende Stilrichtung in Lateinamerika ist. Als aktives Mitglied der Partido Comunista de Chile (deutsch: Kommunistische Partei Chiles; kurz: PCCh) setzte er sich für die Rechte der Land- und Industriearbeiter*innen ein, deren Situation unter der Führung des Landes durch verschiedene christlich-konservative Parteien sehr schlecht war. Ab 1969 unterstütze Víctor Jara deshalb das neu gegründete Wahlbündnis Unidad Popular (deutsch: Vereinte Bevölkerung; kurz: UP) um den sozialdemokratischen Politiker Salvador Allende. 1970 gewann die UP die Wahlen und Allende wurde Präsident von Chile. Unter ihm wurden die Möglichkeiten zur Ausbeutung des Landes durch internationale Konzerne beschnitten und viele soziale Maßnahmen durchgeführt. Der bisherigen Unterernährung von Kindern wurden z.B. Programme entgegengesetzt, die unter anderem die Versorgung jedes Kindes mit einem halben Liter Milch pro Tag vorsahen. Die landwirtschaftlichen Nutzflächen, welche zuvor nur wenigen Großgrundbesitzer*innen gehört hatten, welche die Großzahl der Landarbeiter*innen unter ärmlichsten Bedingungen für sich arbeiten ließen, wurden gerecht unter allen Landarbeiter*innen von Chile verteilt.

Die Verwendung der Reichtümer Chiles für soziale Zwecke und zur Deckung der Bedürfnisse der Bevölkerung statt zur Maximierung des Kapitals großer Unternehmen führte dazu, dass Unternehmen und christlich-konservative Politiker*innen gemeinsam mit den USA und vor allem deren Geheimdienst CIA und der US Army auf einen Umsturz der gewählten Regierung hinarbeiteten. Als Handlanger für diese Umsetzung der Regime-Change-Doktrin wurden Faschisten im chilenischen Militär rund um den General Augusto Pinochet unterstützt. Am 11. September 1973 putschten sich die faschistischen Militärs an die Macht, ermordeten Allende und machten Pinochet zu ihrem neuen Präsidenten. Als Diktator ließ dieser tausende Anhänger*innen der Allende-Regierung verfolgen. Überall im Land wurden Konzentrationslager eingerichtet, um Menschen einzusperren, auf unmenschlichste Weise zu foltern und zu ermorden. Eines davon war das umfunktionierte Estadio Chile. In diesem wurde auch Víctor Jara inhaftiert. Um seinen Mitgefangenen Mut zu machen, sang er für sie und musizierte dazu mit den Händen, woraufhin ihm die Soldaten die Hände brachen und die Zähne ausschlugen. Als sie ihn auch damit nicht stumm machen konnten, wurde er erschossen. Víctor Jara, Salvador Allende und all die anderen Ermordeten von Chile sind der Beweis, dass eine friedliche Abkehr vom kapitalistischen System von dessen Eliten niemals zugelassen und stattdessen blutig bestraft werden wird. Unter der Pinochet-Diktatur wurde Chile zum neoliberalen Musterland ausgebaut und somit aufgezeigt, dass Faschismus und bürgerlicher Kapitalismus mitnichten zwei verschiedene Systeme sind, sondern sich eine faschistische Regierungsform wunderbar als Überbau für ein kapitalistisches Wirtschaften eignet.

Kämpfen & Gedenken

Kommt zum Internationalistischen Antifa-Block bei der Luxemburg-Liebknecht-Demonstration am 12.01.2020 und zu den zugehörigen Veranstaltungen vom Fight-and-Remember-Bündnis, um mit uns gemeinsam zu kämpfen & zu gedenken.

1. Von Freikorps hingerichtet,
Karl und Rosa vor’m Berliner Eden.
Noch hundert Jahre später mahnen sie
und mahnen immer wieder wir:
Kein Vergessen, kein Vergeben!i

2. Als zweitausendfacher Mord
gleich finst’rer Rache niederging,
Gustav Landauer gemeuchelt ward,
gegen der Räte Republik
die Herrschaft blut’ge Tat beging.ii

Refrain:
All’ die Echos hallen wieder
und ich schreib’ die Namen nieder
von jenen, die ermordet sind.
Kein einziger verhallt im Wind.

3. Víctor – Presente en mi corazón;
im Herz noch immer mir anwesend.
Hör’ seine Lieder, seh’ sein Bild.
Zärtlich singt für Chile er,
was noch immer ist erstrebend.iii

4. Für die Freiheit & den Sozialismus
focht in Bolivien Tamara
als Guerillera gegen Staatsmacht.
Am Río Grande traf ‘ne Kugel sie.
Wurd’ ermordet wie Guevara.iv

Ref.

5. Jeden Abend Mühsam lies
neue Bilder wachsen,
bis er von der SS erhangen ward.
Mein Herz weint heute noch.
Doch Welten dreh’n um neue Achsen.v

6. Bästlein, Saefkow, Elser sowie viele and’re auch
ließen im Widerstand ihr Leben,
gegen die Bestien unterm Schattenrad.
So gilt’s Gedenken ihnen ebenfalls,
die so vieles für die Freiheit ham gegeben.vi

Ref.

7. Ein Leben lang verfolgt
wurd’ Nâzım Hikmet für die Worte,
die der Liebe er geweiht;
der Knast entzog des Lebens Kraft;
starb zu jung an fremdem Orte.vii

8. Schwarz und Rot hielt er zusammen
gegen faschist’ge Mörderschar
Durruti und sein Traum von Freiheit
ward erschossen
und wird doch einst wahr.viii

Ref.

9. Für Ulrike dreht sich bunt
mir im Geiste immer noch ein Rad,
um vor Kälte mich zu schützen,
wie am Grabe ich’s ihr schrieb,
mahnt subversiver Tat.ix

10. In den Dschungeln der Städte,
in den Bergen von Kurdistan
kämpfte Andrea solidarisch
an der Seite der Genoss*innen
gegen Terror & faschistischen Wahn.x

Ref.

11. Des Tyrannen Ende war nicht fern,
als es kam des Todes Kunde,
Salvador erdrosselt ward,
für den Mut zu Hoffen.
Doch einmal kommt der Freiheit Stunde.xi

12. Carlos, Guillem, Sònia & Yolanda –
vom braunen Neonazimob ermordet,
ihrer Widerworte wegen,
ihr eig’nes Sein sollt’ sein der Grund,
wenn rechter Terror überbordet.xii

Ref.

13. Manch eine kämpft ein Leben lang
trotz aller Repression
Neus Català Pallejà –
hät’ ich nur ‘nen Teil ihres Mut’s,
teile doch ihre Vision.xiii

14. Für Freiheit, Mensch & Tier
kämpfte Berta all’ ihr Leben.
Auch wenn sie dafür umgebracht,
es endet nicht der Kampf,
in dem wir immer wieder uns erheben.xiv

Ref.

15. Dutschke, Ohnesorg, Giuliani
erlagen jener Kugeln Wunden,
den tödlich’ Folgen feiger Schüsse
der Schergen finst’rer Reaktion;
die ihr Wirken unterbunden.xv

16. Als Sacco & Vanzetti starben
war’s ein Akt der Tyrannei,
der Willkür knechtend’ Kapitals,
der Herrschaft williger Justiz.
Gebt endlich die Gefang’nen frei!xvi

Ref.

17. Kalt wiegt die Gewissheit
ihrer Tode schwer;
Sakine, Fidan, Leyla,
erschossen durch Agentenhand,
vergessen sind sie nimmermehr.xvii

18. Sie war voll Liebe für das Leben,
als sie selbstlos Hilfe gab;
ermordet durch Blackwater’s Schergen.
In meinen Träumen kämpft Cheng immer noch,
wie ich sie kannte, Tag um Tag.xviii

Ref.

19. Ungezählt ward je die Zahl
all jener die verschwunden,
gerichtet durch die Reaktion,
durch Paramilitär und Tiefen Staat;
in meiner Seele Wunden.

Refrain:
All die Echos hallen wieder
und ich schreib’ die Namen nieder,
von jenen, die ermordet sind.
Kein einziger verhallt im Wind.

From January till December,
We all will fight and will remember!
Around this world we will unite!
A class war – one struggle and one figth!

No lo olvidaremos!
Luchamos y recordamos!
No los perdonaremos!
Para los que estan muertos!

Kämpfen und Gedenken!
Fight and remember!
Luchamos y recordamos!

Creative Commons CC BY-NC-ND by Tintenwolf
(geschrieben am 30.11.2019,
geschrieben für das fight-and-remember-Bündnis &
dessen Internationalistischen Antifa-Block auf der LL-Demo 2020,
als mp3 downloaden: allein vertont)

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Oh Feind

Ey raqîb, oh Feind, scheiß Daesch & scheiß Türkei
es wird kommen die Zeit, da sind wir von euch frei.
Doch der Weg dorthin wird schwierig und lang,
Kampf gegen Faschismus, aufrechter Gang!

Sie so: PYD, PKK, Terroristen.
Nur Propaganda türkischer Drecksfaschisten.
Und niemand greift ein, alle schauen zu.
Nach einem Völkermord herrscht Friedhofsruh’.

Ich sage: PYD, PKK, Résistance!
Der Widerstand ersteht gegen blutige Trance,
gegen Folter, Mord und auch Genozid,
für die Freiheit und ein fröhliches Lied.

Niemand soll behaupten, die Kurden wären tot.
Die Kurden leben. Sie tragen grün, gelb & rot.
Sie leben – die Fahne wird nie fallen!
Der Ruf nach Freiheit wird nicht verhallen.

Denn hinter Krieg und Krise steht das Kapital,
der Kampf um Befreiung ist international,
gilt Kapital, Terror und der Türkei.
Es wird kommen einst die Zeit, da sind wir frei!

#riseup4rojava

Creative Commons CC BY-NC-ND by Tintenwolf
(geschrieben am 14.10.2019)

was wölfe wirklich gefährlich macht

»Was Wölfe wirklich gefährlich macht« – Wolf-Rüdiger Marunde


werwölfe, nachtwölfe, graue wölfe, keine wölfe
nein! idioten nur,
gefährlich, doch nicht wild und frei;
folgen nationalem irrsinn stur.

and‘re faschos geben jägersleuten schießbefehle.
peng! des bauers grauen
verreckt im wahn der afd
auf grimm‘sche märchen zu vertrauen.

wirklich gefährlich werden wölfe erst im klassenkampf;
frei vom alten denken.
poetisch fließt die theorie,
wenn tintenwölfe federn schwenken.

Creative Commons CC BY-NC-ND by Tintenwolf
(geschrieben am 03.06.2019)

das volk der dichtenden henker & richtenden denker

    es ist ein volk der dichter und denker,
    so sagen sie stolz,
    als ob ehre gebührt.

    es ist ein volk der richter und henker,
    so sag’ ich voll scham,
    die von geschichte herrührt.

    und so schwenken sie fahnen,
    grölen laut von der heimat,
    schwarz-rot-gold
    wird zum heiligen schein.

    und herren lenken in bahnen,
    von denen keine ein herz hat,
    schwarz-rot-gold
    pflanzt den tödlichen keim.

    so kommt’s, dass freude erblühet,
    von drei farben getragen,
    zur wahrheit wird lüge
    und alle sind blind.

    so kommt’s, dass es keinen berühret,
    wenn konzernbosse tagen,
    zum loblied wird rüge,
    deutsches feuer tötet ein kind.

    es ist ein volk der dichter und denker,
    so sagen sie stolz,
    als ob ehre gebührt.

    es ist ein volk der richter und henker,
    so sag’ ich voll scham,
    die von geschichte herrührt.

     

    Creative Commons CC BY-NC-ND by Meas Wolfstatze
    (geschrieben am 21.06.2018)

Kurzerklärung »Antisemitismus« (Selbstverständnis des Hausprojekts Wilder Vogel)

Der Begriff des Antisemitismus ist umkämpft, wie kaum ein anderer. Wo er die Ideologien von Neonazis und Hamas-Sympathisant*innen recht gut labelt, wird er von Antideutschen und der israelischen Regierung als bloßer Kampf- und Propagandabegriff für nationalistische Zwecke sinnentleert. Marxistische und anarchistische Jüd*innen werden diffamierend als »self-hating Jews« deklariert. Dem setzte die Jewish Antifascist Action Berlin zuletzt ein Manifest entgegen und auch das Hausprojekt Wilder Vogel hat dem Begriff des Antisemitismus in seinem Selbstverständnis eine Kurzbeschreibung gewidmet, die hier wiedergegeben sei:

Auch Antisemitismus ist eine biologistische (vermeintlich biologisch aber pseudowissenschaftlich argumentierte) Zuschreibung von bestimmten Charaktereigenschaften an eine Gruppe von Menschen, diesmal sind das Ziel dieser imaginierten und als »natürlich« aufgefassten Eigenschaften »die Juden«. Die Zuschreibungen werden dabei durch zwei Komponenten bestimmt: Der Zugehörigkeit zu einem angenommenen jüdischen »Volk« und dem Glauben an die jüdische Religion (wobei sich dieser Zwiespalt auch in jüdischen Diskussionen selber wiederfindet, Jüdischsein »vererbt« sich über das Vorhandensein einer jüdischen Mutter, was auch in Israel zu Konflikten mit sogenannten Vaterjuden führt, die einen jüdischen Vater und eine andersgläubige Mutter haben, sich aber dennoch der jüdischen Religion und dem israelischen Staat als gleichberechtigt verbunden fühlen). Die Diskriminierungslinien sind also schon von dieser zweifachen Zuschreibung her recht komplex. Read more