Zigtausende gehen derzeit gegen die AfD auf die Straße. Endlich – denke ich dabei irgendwie. Ich habe viel zu viele Erinnerungen an verschwindend kleine Proteste gegen die braun-blaue Partei. Heutzutage werden ein Verbotsverfahren gegen diese faschistische Partei oder zumindest ein Grundrechteentzug für Björn Höcke gefordert. Jetzt sind die Menschen endlich aufgewacht – könnte man denken. Doch ist das so? Die AfD hat mittlerweile ca. 30 Prozent der Wähler*innenstimmen hinter sich. Eine Partei mit dieser Relevanz wird man nicht einfach verbieten können. Werden Höcke seine politischen Grundrechte entzogen, macht man ihn damit nur zum Märtyrer, der aus dem Hintergrund weiter die Strippen ziehen wird. Nein, die AfD kann aktuell nur politisch bekämpft werden. Genau das Gegenteil passiert aber. Man treibt ihr die Menschen geradezu in die Arme. Schon 2020 haben wir damit ganz offensiv begonnen. Viel zu schnell waren große Teile von den damaligen Linken bereit, bedingungslos auf den Kurs staatlicher Maßnahmen umzuschwenken. Und selbst jene, die wie ich in vielen Punkten kritisch geblieben sind, haben sich spätestens durch die medialen Kampagnen zum Impfen vereinnahmen lassen. Damit meine ich gar nicht, dass die Entscheidung, sich zum Selbstschutz impfen zu lassen, und eine klare Abgrenzung gegen antisemitische Hetzer*innen, gegen die ich mich auch in mehreren Posts gerichtet hatte, nicht richtig gewesen wären. Natürlich war die AfD-nahe Querdenken-Bewegung ein rechter Haufen. Aber dass auch ich Menschen mit Angst vor den möglichen Nebenwirkungen von Impfungen gleich in diese Ecke gestellt habe, das tut mir heutzutage, wo ich selbst Menschen mit teils heftigen Impfnebenwirkungen durch die Covid-19-Impfung kenne, leid. Verstärkt wird dies noch, wenn man sich bewusst macht, dass die Impfungen niemals wie medial propagiert vor Ansteckungen geschützt haben, dies den politischen Entscheidungsträger*innen von Anfang an bewusst war und die individuelle Entscheidung gegen eine Impfung doch all zu schnell als Zeichen der Rücksichtslosigkeit dargestellt wurde. Selbstreflexion legt an dieser Stelle offen, wie sehr man selbst an der Einengung des Debattenraumes beteiligt war. Wir haben im eigenen irrationalen Umgang mit der Angst vor der Krankheit genau damit begonnen, was im Rahmen medialer Gleichschaltung bis heute zum Hauptreflex im Umgang mit anderen Meinungen geworden ist. Wir haben den Menschen mit Impfängsten quasi gesagt, dass sie bei der AfD am besten aufgehoben seinen. Die Rechtspopulist*innen konnten sich als »Kümmerer« inszenieren. Toll.
Dann kam 2022 die Eskalation des Krieges in der Ostukraine durch die offene Intervention Russlands, die in einer Invasion und einer enormen Eskalation der Kampfhandlungen mündete. Anders als im Fall der Covid-19-Pandemie ließ ich mich diesmal nicht von irrationalen Ängsten oder anderen Gefühlen täuschen. Ich war mir der Vorgeschichte des Konfliktes von Anfang an bewusst und habe diese in Diskussionen immer wieder mit benannt. Nun wurde auch ich abgestempelt. Selbst mein zweitlangjährigster Freund begann, mich als Putin-Versteher und Mensch nahe der AfD zu diffamieren, obwohl ich mich niemals auf deren Seite geschlagen hatte. Bei Kritik an westlicher Kriegspolitik wurde einem nun immer wieder zuerst ein Bekenntnis gegen die Invasion in der Ukraine und gegen den Diktator Putin abverlangt, dann jedoch trotzdem häufig behauptet, man stehe auf der Seite des vermeintlich einzig Bösen, auf der Seite Russlands. Diese Form der Gesinnungskontrolle wurde zum festen Bestandteil unserer Gesellschaft. Erst vor kurzem forderte Habeck von Menschen mit Migrationshintergrund, dass sie sich pauschal von der Hamas distanzieren müssten. Wann aber forderte denn mal jemand, dass sich alle Bayer*innen von Hubert Aiwanger distanzieren müssten? Warum soll man sich pauschal von etwas distanzieren, womit man sowieso nichts zu tun haben will? Ich muss mich weder von Putin, noch von der Hamas, noch von der Ukraine, Israel oder den USA distanzieren, weil ich mit nichts von alledem jemals etwas gemein hatte. Warum fordert man stattdessen nicht endlich, dass Selenskyj sich von dem von ihm als Helden benannten Faschisten und Antisemiten Stepan Bandera zu distanzieren? Weil alle wissen, dass er diesen verehrt und das auch noch gut finden. Die ständigen Forderungen nach Distanzierungen sind nichts anderes als moralistische Versuche, die eigene Meinung als die überlegene darzustellen und die andere Position gleichsam zu delegitimieren. Und wer sich nicht distanziert, wer Frieden fordert und nicht etwa, wie die Waffenlobbyistin Marie-Agnes Strack-Zimmermann, immer neue Waffen, der wird dann der AfD in die Arme gezwängt. Mit Scheinforderungen wie jener nach einer Reichensteuer, die in einem kapitalistischen Wirtschaftssystem niemals von dessen politischem Überbau umgesetzt werden wird, lenkt man dann nur davon ab, dass jene Gelder, welche für Bildung, Klimaschutz und Infrastruktur fehlen, in den militaristischen Umbau der Gesellschaft gesteckt werden. Im vergangenen Jahr wurde für 2024 ein Haushaltsloch von 60 Milliarden Euro festgestellt, während 90 Milliarden Euro in die Bundeswehr und immerhin 8 Milliarden Euro in die Fortführung des brutalen Krieges in der Ukraine fließen. Die Bauern, denen in diesem Rahmen ihre Subventionen gestrichen wurden, werden gleich mit der AfD zugerechnet. Wer der Situation dann nicht durch eine klare antifaschistische Position und eine dialektisch-materialistische Analyse begegnet, mag sich somit in die Arme der braun-blauen Rattenfänger*innen treiben lassen. Wieder toll.
Währenddessen betreibt die aktuelle Regierung auf Ebene der EU selbst eine migrationsfeindliche Politik, auf welche die Rassist*innen der AfD stolz wären. Dazu kommen die bereits erwähnte, von Habeck geforderte Gesinnungsprüfung für Menschen mit Migrationshintergrund und der Antisemitismusvorwurf gegen Linke. Beide stammen aus dem Repertoire von Rechten wie den Faschist*innen um Höcke und dienen nur dem Zweck, Kritik an einer brutalen Besatzung, Rassismus, Genozid und Krieg mit Antisemitismus gleichzusetzen und rassistische sowie anti-linke Ressentiments zu schaffen. Auch hier werden unsachliche Emotionen der Sachlichkeit vorgezogen. Die Geschichte des Nahostkonfliktes wird auf das Massaker durch die Hamas am 07. Oktober 2023 reduziert. Die Anklage gegen Israel vor dem Internationalen Gerichtshof (IGH) wird von der Seite der deutschen Bundesregierung und ihren Staatsmedien verächtlich gemacht, während man selbst sich logistisch munter am Völkermord an den Palästinenser*innen beteiligt. Zur Anklage gegen Russland wegen dessen Invasion in der Ukraine wird stattdessen lieber ein Sondertribunal ins Leben gerufen. Bei Erfolg soll kein Präzedenzfall vor dem IGH entstehen, welcher dann auch eine Verurteilung der westlichen Invasionen wie jenen in Vietnam, Afghanistan und Irak sowie vielfach in weiteren Ländern ermöglichen würde. Erneut handelt die mediale Maschinerie nach dem gleichen Muster der Diffamierung. Diesmal steht man näher an den AfD-Positionen, aber mit dem Vorwurf des Antisemitismus lässt sich dennoch trefflich um sich schlagen. Genug moralistisch-überlegene, sich links und vielleicht auch mal radikal fühlende Hippster machen mit. Verballhornungen des Antifa-Logos schwirren durch die unsozialen Medien. Klar stehen sie gegen die AfD, ist diese doch alles, was sie ablehnen. Hätten sie auch nur einen Bruchteil einer analytischen Faschismustheorie im Kopf, würden sie erkennen, dass die Gefahr, immer weiter nach rechts getrieben zu werden, derzeit von zwei Seiten ausgeht. Natürlich ist da die AfD zu nennen. Mit ihren Verbindungen zu Wirtschaftseliten und einer militanten Rechten mit positiven Bezügen sowohl zu autoritären Strukturen unter Putin in Russland als auch zu den faschistischen Milizen der Ukraine sowie ihrer Nähe zum »III. Weg« und der »Identitären Bewegung« ist sie eine nicht zu unterschätzende Gefahr, die immer noch weiter wächst. Jedoch sollte auch das aktuelle politische Establishment mit der Gleichschaltung von Staats- und Konzernmedien unter eine einheitliche Propaganda, ihre Vereinnahmung der aktuellen Proteste gegen die AfD, ihr Vorantreiben des Militarismus, ihre migrationsfeindliche Politik und ihr moralistisches Gesinnungsgehabe nicht unterschätzt werden. Nur weil die Gesellschaft gerade von zwei konkurrierenden rechten Blöcken vor sich hergeschoben wird, macht dies nicht den Einen besser und den Anderen schlechter. Wenn alte Freund*innen neofaschistischen Logiken anheimfallen, statt der Welt differenziert und analytisch zu begegnen, ist dies extrem besorgniserregend und an die verbliebenen Linken eigentlich ein Zeichen, dass es höchste Zeit zum Handeln ist, wenn sich Geschichte nicht wiederholen soll.
Das folgende Gedicht entstand im Rahmen meiner DSA-Pen&Paper-Runde und stellt den sechsten und letzten Teil der Saga dar:
Vor des Horndrachen gierigen Fängen,
seinen Fallen an des Raschtulswalls Hängen,
finsterer Kulte verschlagener List,
namenloser Schwärze, die die Seele frisst,
nahm die Besatzung sich ständig in Acht.
Doch Luna hat grimmig nur gelacht.
Die ewigen Hallen von der Elemente Konzil
gaben der Gastfreundschaft Ehre gar viel,
wo der Allvogel des schöpfenden Los
zur Jahreswende zu neuem Leben spross,
kündete von des Schicksals Wiederkehr,
erneut nun geboren aus uralter Mär.
Bei Uri’Shianna im Tal der Knochen
kam Tod aus finstersten Zeiten gekrochen,
brachte Träume von grausigstem Mord,
durch die Wesen aus des Dhazas lichtlosem Hort.
Und Anastasius gab ehrvoll und selbstlos sein Leben,
vereitelte somit Feracinor’s Streben.
Dann schauten die Getreuen die uralte Stadt,
welche die Wüste dereinst verschlungen hat,
als hochelfisch’ Blüte, die einstmals erstrahlte,
weil mit edelsten Steinen ins Seien man malte,
Tie’Shianna – die Kapitale aus Erz –
in blutigstem Rausch verging in bitterem Schmerz.
Dort fanden sie der Orima Turm,
gefangen in wahnhaftem, unlichtem Sturm,
beschworen von Arantalwa dem Elfenvampir,
welcher gekleidet in nam’lose Zier,
aus alten Alpträumen Schrecken wob,
dämonische Bestien ins Diesseits erhob.
Letztendlich jedoch mit Swafnir’s Kraft
gelang es zu bannen das Wesen der Nacht.
In einem Reigen aus Licht Orima kehrte zurück,
sprach voll Wärme von der Heldenfahrt Glück.
Denn Branda’s Dottir Luna
zog aus und fand gar große Runa.
Creative Commons CC BY-NC-ND by Tintenwolf
(geschrieben am 01.11.2022,
entstand im Rahmen des Satjira-Projects (siehe »Die Luna-Brandadottir-Saga«),
Das Recht an den Begriffen & Namen Horndrachen, Raschtulswall, Konzil der Elemente, Allvogel, Los, Uri’Shianna, Tal der Knochen, Dhaza, Anastasius Silberhaar, Feracinor, Tie’Shianna, Orima, Arantalwa & Swafnir liegt bei der Ulisses Medien & Spiel Distribution GmbH. DAS SCHWARZE AUGE ist eine eingetragene Marke der Ulisses Spiele GmbH.)
Es dreht so seine Runde
der Becher bringt dir Kunde
von allerfeinstem Tropfen,
mundet jedem Zecher
besser noch als Hopfen.
Likör fließt in die Kehle,
schmeckt gut und wärmt die Seele.
Salbei, Haselnuss, Holunder
erfüll’n das Herz mit Mut,
als des Wildvogel-Clan’s Wunder.
Drum lasst das Kupfer springen,
euch wahre Gaumenfreude bringen.
So ihr könnt genießen,
vertreiben nächtlich’ Mahre,
wenn aus Bechern feinste Tropfen fließen.
Das folgende Gedicht entstand im Rahmen meiner DSA-Pen&Paper-Runde und stellt den fünften Teil der Saga dar:
Vom Bornwald fort auf Schicksalspfade,
wider finst’ren Magier’s dreister Scharade,
der zu rauben versuchte die Bahalyr,
ging es in die Berge, welche sind ein Heim für
die Drachen aus des goldenen Apep’s Reigen,
welche majestätisch sich am Himmel zeigen.
Südwärts durch die Dunklen Lande –
gefallen in Borbarad’s Weltenbrande –,
wo zu fechten es galt gegen Feracinor,
der mit dem Schiff hatte Böses vor,
führte die Fahrt sie zu der Trolle Pforten,
in Aradolosch’s Hallen, die Geheimnisse horten.
Wo das Gezücht von Borbarad
ihres einstigen Meisters Schatten hat
verwahrt und gehütet bis zu jenem Tag,
als blutigen Gemetzel’s Odem lag
zwischen Namenlosen und des Schattenkaiser’s Königinnen,
die beschworen graus’ge Kämpfe völlig von Sinnen.
Schließlich jedoch siegte auch dort das Licht,
wenn einst’ger Paktierer den Pakt einst bricht,
weil Luna’s Getreue ihm halfen zu finden,
einen Weg um alte Untat zu binden,
sodass befreit ihn der Limbus umfing,
während zum Ochsenwasser die Reise nun ging.
Wo die Ottajasko traf auf’s Kind Sternenklang
und mit der wiedergebor’nen Amalaia gelang
der Weg in Liretena’s einst’ges Gefilde,
welches bot nun ein gar trostloses Bilde,
weil der Krieg war dereinst sein wichtigster Zweck,
alle Schönheit erstickte in Rauch, Glut und Dreck.
Bis es gelang, den Ort zum Lichte zu wandeln,
in altem Feenwesen Sinne zu handeln,
zu den Inseln im Nebel fern zu schau’n,
zu hören Orima’s Worte wider dem Grau’n.
So kam das Kind mit auf weitere Fahrt,
nachdem Feracinor’s Wirken die Heimat ihr verwahrt.
Mitte Februar 2019 lernte ich in Kuba während zweier Konzerte im Maxim Rock in Havanna bzw. im Cine Praga in Pinar del Río die Band Aztra aus Ecuador kennen. Sie begeisterten mich sofort durch ihren mit indigenen Musikelementen aufgeladenen, sehr politischen Metal. Ich erwarb ihre CD »Guerreros« (deutsch: »Krieger«) und konnte sogleich feststellen, dass sie weit vielseitiger sind, als es mir während des Konzertes aufgefallen war. Harte Metalriffs werden von lateinamerikanischen Folkgesängen abgelöst, wie sie mir z.B. von Inti-Illimani bekannt waren. Auch etwas sanftere Rocksongs & Balladen fanden sich im Repertoire. Nun ist mit »Canto que ha sido valiente« (deutsch: »Ich singe, dass er mutig war«), dessen Titel sich als Zitat des von US-gesteuerten Faschisten ermordeten Liedermachers Víctor Jara auf sein Lied »Manifesto« bezieht, die nächste Scheibe von ihnen rausgekommen und ich habe es tatsächlich geschafft, eine zu ergattern. Dies war nicht ganz einfach. Das Geld konnte ich nicht wie gewohnt überweisen und damit sich das Porto lohnt, habe ich die CD gleich drei mal erworben – um dann noch zwei zum Verschenken zu haben – und noch zwei Shirts oben drauf gepackt. Da ich den Zoll nicht bedacht hatte, habe ich für diesen und das Porto letztendlich trotzdem sieben Euro mehr ausgegeben, als die CDs und Shirts alleine gekostet haben. Gelohnt hat es sich trotzdem. Die stilistische Breite der Aufnahmen sagt mir sehr zu und auch politisch bleiben sich Aztra treu. Dazu kommt eine wundervolle lyrische Sprache, die immer wieder sehr pathetisch ist, aber wer meine Gedichte kennt, weiß, dass ich dies ja durchaus mag.
Nach einem instrumentalen Intro geht es mit »Lago de Sangre« (deutsch: »See aus Blut«) bereits ein erstes Mal richtig krachend los. Besungen wird der widerständige Kampf gegen die Herrschaft von Kapital und Imperialismus. In »Hijos del Sol« (deutsch: »Söhne der Sonne«) wird dies unterstrichen. In diesem Track begeistert mich die Referenz auf Fidel Castro, Ernesto »Ché« Guevara, Evo Morales, Salvador Allende, Augusto César Sandino, Hugo Chávez, Emiliano Zapata, Eduardo Galeano, Víctor Jara, Mario Benedetti, Jorge Gaitán, Túpac Amaru, Mercedes Sosa, Camilo Torres, José Mujica sowie José Martí, welche die Vielschichtigkeit des Befreiungskampfes in Lateinamerika gegen das Joch des US-Imperialismus als auch für eine sozialere, freie Welt ohne die Herrschaft des Kapitals betont. Den Abschluss des Liedes bildet ein Chorus, der sein Fanal in der Aussage »¡Somos pueblo insurgente Latinoamérica!« also »Wir sind das aufständische Volk von Lateinamerika!« findet. Das Stück »Grito del Jaguar« (deutsch: »Schrei des Jaguars«) greift in diesem Sinne die große Raubkatze als Sinnbild des indigenen Lateinamerikas, der Wildheit und des Widerstands auf. Mit »Tú volverás« (deutsch: »Du kommst zurück«) folgt ein poppiges Liebeslied, bevor in »Insurrección« (deutsch: »Aufstand«) – wieder zu melodischem Metalsound – die korrupte Bourgeoisie als imperiale Statthalterin des Landes angeprangert wird, der nur mit Aufstand geantwortet werden könne. Eines meiner Lieblingslieder der CD ist das balladenhafte »Canto«, was zu deutsch mit dem Substantiv »Lied« aber auch als »ich singe« übersetzt werden kann. Es greift gleich zu Beginn den Titel des Albums als erste Zeile und somit auch Víctor Jara auf und handelt anschließend in wunderschöner indigen-mystischer Lyrik von der Einheit mit der Natur als auch dem Streben nach Utopie. Und ähnlich stark geht es mit der Neuauflage des Titels »Eres« (deutsch: »Du bist«), aus dem die Schönheit der Anden und den indigenen Wurzeln des Landes, aber auch die Liebe zur Revolution hervor klingt, weiter. Um meine Begeisterung für die Poesie von Aztra zu begründen, folgt ein Zitat aus diesem Lied:
»Eres la luz colgada en la cortina.
Eres la voz sembrada en mi ventana.
Eres el arma empuñada en la montaña.
Eres la magia convertida en mi canción.«
»Du bist das Licht, welches im Vorhang hängt.
Du bist die Stimme, die durch mein Fenster gesät wird.
Du bist die Waffe, welche auf dem Berg gehandhabt wird.
Du bist die Magie, die zu meinem Lied wird.«
Ich lasse dies hier einfach mal so stehen. »Dawn« (deutsch: »Dämmerung«) ist das einzige nicht-spanischsprachige Lied der Scheibe, stellt eine relativ frei übersetzte englische Adaption des Liedes »El Mañana« (deutsch: »Der Morgen«), welches instrumental bereits als Intro dieses Albums diente, dar und erinnert mich persönlich in der vorliegenden Version sehr an Within Temptation, die ich durchaus mag. Mit »Dos meses dos días« (deutsch: »Zwei Monate und zwei Tage«) folgt ein zumindest anfänglich sehr getragener Track, der von dem ebenfalls eher ruhig-rockigen Liebeslied »Somos tú y yo« (deutsch: »Wir sind du und ich«) gefolgt wird. Auch das Lied »Antes« (deutsch: »Davor«) bleibt relativ ruhig und fordert im Duett dazu auf, das eigene Leben zu nutzen, zu träumen und zu kämpfen. »Ojos de Luna« (deutsch: »Augen des Mondes«) bildet als von einer Flöte getragene, ebenfalls im Duett vorgetragene Ballade den Abschluss des Albums. Insgesamt wird das Album nach hinten hin also ruhiger. Bis auf wenige Ausnahmen bleibt es politisch. Die Aufnahmen, zu denen unterschiedliche Musiker*innen hinzugeholt wurden, sind in sehr guter Qualität und werden von einem Booklet mit schönem, passenden Artwork begleitet. Zu diesem passt auch das Shirt, welches vorne wichtige Tiere der indigenen Mythologie und hinten die Band sowie ein Konterfei von Víctor Jara zeigt.
Wie anfangs schon geschrieben, haben sich für mich der Aufwand und vor allem die Ausgabe gelohnt. Wer auf CD, Booklet und Shirt verzichten kann, wird aber auch bei Spotify fündig. Ich kann allen sehr empfehlen, mal reinzuhören. Für jene, die wie ich Metalhead und Internationalist*in sind, würde ich es sogar als ein Muss bezeichnen.
Heute Nachmittag verstarb mein Freund und einstiger künstlerischer Weggefährte Grog in viel zu jungem Alter. Ich bin voll Trauer, mit meinem Herz aber vor allem auch bei seiner Familie, allen voran bei seinem Bruder Teds, der als anderersaits einer meiner wichtigsten Begleiter und Freunde ist.
Grog wird mir als kreativer, progressiver, anarchischer Kopf in Erinnerung bleiben, der hier auf Erden sehr fehlen wird. In den letzten Jahren sprach er immer wieder davon, dass er nach Jamaika auswandern wolle. Möge es dort, wo er jetzt ist, seinen Vorstellungen von der großen Antilleninsel entsprechen.
Zwei gemeinsame Aufnahmen mit ihm findet ihr hier:
Eine Grenze durchzieht die Welt. Der freie, gute, rechtschaffene, demokratische und friedliebende Westen steht gegen die freiheitsverachtenden, bösen, verbrecherischen, diktatorischen und kriegstreibenden Staaten wie Russland oder China. Es ist quasi eine metaphysische Ordnung, die uns im Glauben hält, moralisch integer sowie gegen Propaganda gefeit zu sein und in einem antifaschistischen Abwehrgefecht zu stehen. Es tut sich fast die gleiche Verblendung auf, welche schon jene, die sich als »Freie Linke« & Co. des »Querdenkens« rühmten, klar wissen ließ, in der Frontstellung für die Freiheit zu kämpfen. Heute wird dieses Überlegenheitsdenken jedoch nicht zu allererst von Compact, kla.tv, KenFM – und wie jene rechten Kanäle alle heißen – befeuert, sondern von, nach ähnlichen Standards arbeitenden, staatlichen oder konzernzugehörigen Medien. Kaum ein Mucks ging durch die, überall russische Trolle Vermutenden, als im Nachgang der Sendung von »hart aber fair« des WDR am 27.02.2023 offenbar wurde, dass deren Moderator Louis Klamroth auf gefakte Einspieler zurückgriff, um der an Faktenwissen weit besser aufgestellten Sahra Wagenknecht irgendwie die Stirn bieten zu können. Dass die Rüstungslobbyistin Marie-Agnes Strack-Zimmermann in der selben Sendung das alte antisemitische Hetzmärchen von den Kinder entführenden, vergewaltigenden & ermordenden jüdischen Bolschewiki – die Ritualmordlegende lässt grüßen – wieder aufwärmte, um durch steigende Waffenverkäufe Geld in ihr Portemonnaie zu verschieben, kümmerte jene Hippster, die heute in nationalem Wahn ins Kriegsgeschrei einfallen, welches weit über die notwendige Verurteilung der imperialen, russischen Invasion in der Ukraine hinausgeht, wenig. Es empört die angeblichen Antifaschist*innen auch nicht, dass das heute journal im ZDF lediglich von einem der wichtigsten Kommandeure der Ukraine sprach, als Dmytro Kozjubailo, der am 07.03.2023 bei Bachmut gefallen war, mit Pomp und Ehren beigesetzt wurde, aber kein Wort dazu verlor, dass der von Selenskyj zum »Held der Ukraine« gekürte Faschist eben auch wichtiger Funktionär des Prawyj Sektor war. Klar, es gibt ja keine Nazis in der Ukraine. Diese finden sich ja nur in Russland, jener Nation von jüdisch-bolschewistischen Untermenschen, die unter ihrem Führer Putin zeitgleich Hitler und Stalin nacheifert. Wer von westlicher Propaganda vollkommen verblendet ist, wird dieses Paradoxon freilich nicht erkennen, welches nur aus der unwissenschaftlischen, in diesem Fall auch klar geschichtsklitterischen Logik der Extremismus-Doktrin erklärbar ist; Hauptsache ist, die anderen sind die Bösen. Die haben in Butscha Tage nach ihrem Abzug, nachdem der zurückgekehrte, ukrainische Bürgermeister der Stadt am 31.03.2022 bereits die Rückeroberung verkündet, eine Jagd auf »Saboteure« und »Besatzer in Zivilkleidung« durch Sondereinheiten der Polizei angekündigt aber nichts von einem Massaker erwähnt hatte, Zivilist*innen ermordet, welche die weiße Armbinde als Symbol der friedlichen Neutralität auch gegenüber den russischen Truppen trugen. Es ist quasi logisch, dass im Falle dieses Massenmordes nur die Ukraine und gegebenenfalls befreundete Mächte ermitteln dürfen. Und jene, die mir nun hetzerisch vorwerfen mögen, russische Verschwörungsmythen wiederzugeben, taten dies auch, als ich bereits kurz nach den Terroranschlägen auf die Nord-Stream-Pipelines erklärte, dass dies wohl eher kein Angriff durch russische Militärs und Geheimdienste gewesen sei. Mittlerweile hat der vielfach preisgekrönte, US-amerikanische Investigativjournalist Seymour Myron »Sy« Hersh, der bereits das Massaker der moralisch so überlegenen USA im März 1968 im vietnamesischen Mỹ Lai aufgedeckt hatte, klar nachgewiesen, dass es US-Geheimdienste & -Militärs waren, welche die Pipelines gesprengt hatten und die hiesigen Systemmedien verstricken sich bei ihrem Rückzugsgefecht um die Deutung dieses antirussischen Terrorismus in Widersprüchen. Längst mussten sie also zugeben, dass es wohl doch keine russische Propaganda sei, dass der Anschlag nicht von Putin angeordnet worden war. Neuerdings ist es auch allein russische Schuld, wenn deren Kampfflugzeuge mit einer Drohne der USA über dem Schwarzen Meer also weit abseits des Nordamerikanischen Kontinents zusammenstoßen. Natürlich würden westliche Medien niemals Lügenmärchen, Verschwörungsmythen und Kriegspropaganda verbreiten. Wer so glaubwürdig Bericht erstattet, hat auch kein Problem mit dem guten, alten OUN-Gruß »Slava Ukraini«. In Zeiten, in denen große Teile der Partei »Die Linke« alte Friedenspositionen aufgeben und ebenfalls mehr Waffen fordern, sind alle, die Frieden wollen, sowieso im Umfeld der rechtsradikalen AfD zu suchen. Wer soviel westliches Getrolle nicht zynisch sieht und weiterhin die Lüge von guten und bösen kapitalistischen Staaten glaubt, muss den Verstand verloren haben.
Aufruf zum antifaschistisch-internationalistischen Block auf der Luxemburg-Liebknecht-Demonstration 2023
Vor 105 Jahren wurden Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht von der rechten »Garde-Kavallerie-Schützen-Division« mit Zustimmung des SPD-Ministers Gustav Noske ermordet. Sie waren zuvor Teil einer Revolution, bei der tausende Arbeiter*innen und Soldaten sich in demokratischen Räten organisierten, mit Streiks und bewaffneten Kämpfen den grausamen Krieg beendeten, den Kaiser aus dem Land jagten und die Vergesellschafung des Privateigentums forderten. Dass im Ergebnis nicht die sozialistische Räterepublik, sondern die bürgerlich-parlamentarische Republik stand, lag auch im Verrat der (M)SPD begründet, die im Bündnis mit alten Militärs und rechten Freikorps den radikaleren Teil der Bewegung brutal niederschlugen. Dennoch zeigt die Novemberrevolution, dass es möglich ist, einen imperialistischen Krieg zu beenden, wenn sich die Arbeiter*innen zusammentun und beim Morden nicht mehr mitmachen. Auch während des Krieges agitierten Luxemburg und Liebnecht bereits gegen den Krieg, Liebknecht als zunächst einziger Reichstagsabgeordneter, der gegen die Kriegskredite stimmte. Beide mussten dafür zwischenzeitlich ins Gefängnis.
Auch heute leben wir in einer Zeit, in der auf der Welt an verschiedenen Orten Krieg geführt wird und die Gefahr eines Weltkrieges durch Atombomben einen noch größeren Schrecken darstellt. In diesem Zusammenhang kann es hilfreich sein, die Erkenntnisse der Arbeiter*innenbewegung von damals zu beachten, um die Fehler von damals nicht zu wiederholen. Ein oft zitierter und heute wieder hochaktueller Satz von Karl Liebknecht in einer Schrift zum Umgang mit dem ersten Weltkrieg lautet: »Der Hauptfeind steht im eigenen Land.« Dieses Zitat wird häufig missverstanden, als Aussage darüber, welches Land das Schlimmere sei und damit als Relativierung von Kriegsschuld. Doch das Zitat ist damit nicht komplett. Liebknecht schreibt im Mai 1915:
»Der Hauptfeind des deutschen Volkes [gemeint ist das in Deutschland lebende Proletariat] steht in Deutschland: der deutsche Imperialismus, die deutsche Kriegspartei, die deutsche Geheimdiplomatie. Diesen Feind im eigenen Lande gilt’s für das deutsche Volk zu bekämpfen, zu bekämpfen im politischen Kampf, zusammenwirkend mit dem Proletariat der anderen Länder, dessen Kampf gegen seine heimischen Imperialisten geht.«
Das zeigt, dass es um eine strategische Orientierung geht: Als in Deutschland lebende Menschen ist es zuerst unsere Aufgabe, den eigenen Staat, auf den wir Einfluss haben, nicht ungeschoren davonkommen zu lassen und auf dessen eigenen Interessen und Ziele hinzuweisen, auch wenn er einen Krieg nicht begonnen hat. Letztlich muss die Abschaffung des bürgerlichen Staates unser Ziel bleiben. Gleichzeitig mahnte Liebknecht, dass die internationale Solidarität ein entscheidender Faktor ist – und zwar nicht mit kapitalistischen Staaten, sondern mit Bewegungen von unten. Das heißt aktuell unter anderem eine unbedingte Solidarität mit der russischen Antikriegsbewegung, genauso wie mit ukrainischen Wehrdienstverweigerern. Wir dürfen uns nicht reflexhaft einer »symaptischeren« staatlichen Seite anschließen, sondern müssen es schaffen, eine praktische Solidarität mit Antikriegsbewegungen sowie antikapitalistischen und antikolonialen Befreiungsbewegungen weltweit herzustellen. Das ist es, was Liebknecht mit »proletarischem Internationalismus« meinte und in der heutigen Zeit notwendiger ist denn je.
Wer profitiert vom Krieg?
Kriege werden nicht aus moralischen Gründen oder wegen dem Völkerrecht geführt, auch wenn solche Gründe zur Rechtfertigung vorgeschoben werden. Vielmehr geht es um geopolitische und wirtschaftliche Ziele, die dem einheimischen Kapital auf kurze oder lange Sicht bessere Ausgangsbedingungen verschaffen sollen. Das ist einer der Hauptzwecke des bürgerlichen Staates, der auch die Grundlage seiner eigenen Handlungsfähigkeit darstellt. Auch profitieren einige Unternehmen wie die Rüstungsindustrie im besonderen Maße vom Krieg. Da man aber nicht wagt, den Menschen die Wahrheit zu nennen, verlässt man sich dann eher auf Nationalismus und Chauvinismus. Das haben wir etwa in der Türkei gegenüber Kurdistan, in Russland gegenüber der Ukraine und bei der Panikmache der EU-Staaten gesehen, dass deren »Demokratie« als nächstes dran glauben müsse. Aus genau diesem Grund muss eine antimilitaristische und antifaschistische Position zu Kriegen auch immer eine antikapitalistische sein. Und nicht nur die Rüstungsindustrie profitiert vom Krieg. Leider gehören selbst von allen Menschen benötigte Dinge wie Wasser, Nahrung, Wohnung und Strom privaten Unternehmen, statt uns allen. Daher werden bei Engpässen, die durch Kriege und Sanktionen entstehen, die Preise erhöht, um weiter einen deutlichen Gewinn erhalten zu können. Für die Menschen, deren Grundbedürfnisse nicht einfach verschwinden, bedeutet dies Armut und Existenzsorgen.
Dagegen muss mit Vergesellschaftung und konsequentem Antifaschismus geantwortet werden. Zusätzlich muss jeglichem Brennstoff, der einen Krieg aufheizt, widersprochen werden. Das heißt konkret die Forderung nach sofortiger Durchsetzung eines Waffenstillstands, Friedensverhandlungen und Waffenexportstops.
Leider werden die Worte »Friedensverhandlung« und »Waffenexportstop« seit der sogenannten »Zeitenwende« nicht mehr gern gehört. Man kann aber nicht von Enttäuschung sprechen, da es leider zur kapitalistischen Normalität gehört, dass die Sonntagsreden von Frieden und Humanität nicht mehr viel wert sind, wenn es darauf ankommt. Vielmehr wird gesagt, dass es nun unsere moralische Pflicht sei, den Krieg zu unterstützen. Es wird Zeit diese falschen Normen und Werte zu brechen und eine starke, revolutionäre Antikriegsbewegung aufzubauen!
Krieg dem Krieg – Gegen das Märchen der »guten NATO«
Was es in dem aktuellen bürgerlichen Diskurs immer zu bedenken gilt: In der Ukraine herrscht nicht erst seit dem russischen Angriff am 22. Februar 2022 Krieg. Seit dem rechten Staatsstreich des »Euromaidans« im Jahr 2014 haben die Angriffe gegen die russischsprachige Bevölkerung in der Ukraine zugenommen. Im Fokus stand dabei das Donbass, das seit mehr als acht Jahren durch die ukrainische Armee unter Beschuss steht. Ein Frieden war auch von Kiew nie gewollt und auch von der EU und den USA nicht gewünscht.
Vor allem die USA haben in den vergangenen Jahren immer wieder Öl ins Feuer gegossen, indem sie die antirussischsten und reaktionärsten Kräfte in der Ukraine unterstützt und aufgerüstet haben. Das Ziel: Russland soll geschwächt und die US-Position in Europa wieder ausgebaut werden. Wobei auch hier die EU ihre eigene Agenda verfolgt. Nach der Niederlage des Westens in Afghanistan und dem Rückzug der Besatzungstruppen wurde die Ukraine zum Schauplatz eines neuen Ringens des NATO-Imperialismus um Einflusssphären. Die Leidtragenden bleiben die Bevölkrung in der Ukraine, die Zwangsrekrutierten und alle Menschen, die an der Flucht gehindert werden.
Ein Ende des Kriegs ist nicht in Sicht. Frieden darf es im Interesse der Rüstungskonzerne nicht geben. Dafür wird Kiew mit immer neuen Waffen hochgerüstet, westliche Söldner (darunter auch deutsche Neonazis) füllen die Reihen der ukrainischen Armee; jede Verhandlungsoption wird ausgeschlagen und das Scheitern von Gesprächen ausschließlich Russland in die Schuhe geschoben.
Die Zahl der Toten steigt jeden Tag. Für den Krieg der Herrschenden bezahlen die Menschen in der Ukraine und russische (zwangsrekutierte) Soldaten mit ihrem Leben. Unterdessen klingeln die Kassen der Öl- und Gaskonzerne und der ukrainische Präsident Volodomir Selenskij kann sich über prall gefüllte Konten in Steuerparadiesen freuen.
Die Gefahr des Atomkrieges, der die Menschheit auslöschen kann, schwebt über dem Krieg. Der ukrainische Beschuss des AKW Saporischa gehört ebenso dazu wie die Androhung von russischer Seite, taktische Atomwaffen einzusetzen, oder US-Erwägungen zum »vernichtenden Erstschlag«.
Auch Deutschland ist am Krieg in der Ukraine beteiligt. Immer neue Waffen werden geliefert, um »unsere Werte« zu verteidigen. Begleitet wird dies mit antirussischer Hetze und der Reinwaschung des ukrainischen Nationalismus. Mit dessen Anhängern hatten bereits die Nazis ein Bündnis geschlossen: der Holocaust und der Vernichtungskrieg gegen die Sowjetunion zeugen davon.
Der Krieg nach außen bedeutet Verarmung in den kapitalistischen Zentren. Die imperialistische Aufrüstung kostet Milliarden Euro, die in vielen Ländern die Inflation nach oben treibt. Hinzukommen Konzerne, die die Gelegenheit für satte Extraprofite nutzen. Die Preise steigen, so dass sich ein Großteil der Bevölkerung das Leben nicht mehr leisten kann. Um diesen sozialen Sprengstoff ein wenig zu entschärfen, werden überall in Europa Preisdeckel eingeführt und Einmalzahlungen ausgegeben. Doch auch davon profitieren letztlich die Konzerne, die nicht angetastet werden.
Global treibt die westliche Kriegspolitik die Preise für Getreide und Düngemittel in die Höhe. Essen wird weltweit zum Luxusgut – unerschwinglich für immer mehr Menschen. Brotrevolten sind die Folge, aber auch die Gefahr von weiteren Konflikten und Kriege. Aber auch ein Erstarken von nationalistischen und faschistischen Kräfte droht, um den Kampf um immer knapper werdende Ressourcen zu rechtfertigen und Ausbeutung und Unterdrückung aufrechtzuerhalten.
Die Antwort auf den Krieg der Herrschenden ist der Kampf gegen sie. »Krieg dem Krieg« hieß die Parole nach dem Ersten Weltkrieg. Ob Sabotage, Desertation oder das Werben für eine breite antimilitaristische Front – linke Politik ist vielfältig. Sie richtet sich ebenso gegen das Morden und die Profiteure wie gegen den Kapitalismus, der immer wieder neue Kriege verursacht. Solidarität gilt allen, die sich widersetzen und nicht mitmachen beim staatlichen Morden.
Aufrüstung nach außen und innen
Der jahrelange Mitleidsdiskurs der Bundeswehr hat mit dem Angriffskrieg der Russischen Föderation in der Ukraine endlich seinen Erfolgsmoment erreicht. Mit einem Sondervermögen von 100 Milliarden Euro zusätzlich soll die Bundeswehr »modern und attraktiv« werden und der angebliche Investitionsmangel der letztem Jahre ausgeglichen werden. Immer wieder kursieren Schlagzeilen darüber, dass Deutschland im Ernstfall nicht verteidigungsfähig sei – was dieser Ernstfall sein soll, bleibt dabei unklar. Es wird von einem möglichen Angriff Russlands auf Deutschland geraunt, so unrealistisch dies auch ist. Von den interventionistischen »Auslandseinsätzen« der Bundeswehr, die mit mehr Geld auch verstärkt stattfinden können, wird in diesem Zusammenhang lieber nicht gesprochen. Deutschland ist dabei längst auf Platz 7 der weltweit höchsten Rüstungsausgaben und die Ausgaben für die Bundeswehr sind allein in den letzten 10 Jahren um 24% gestiegen. Doch die Propaganda wirkt, denn sowohl der Staat, als auch die deutsche Rüstungsindustrie verzeichnen Rekordgewinne. Wo der Kriegswind weht, boomt die Waffenindustrie und der deutsche Staat macht fleißig mit und die, besonders während der Coronakrise sehr sichtbar gewordenen, sozialen Probleme werden bewusst ignoriert.
Während es bei der Flut im Ahrtal an Infrastruktur und Katastrophenschutz gefehlt hat investiert der Staat auch im Inneren lieber in Aufrüstung und Repressionssysteme. Die Hamburger Polizei erhält das erste Mal einen Milliarden-Etat und in Brandenburg wird der Weg für ein neues Abschiebezentrum am Flughafen BER geebnet, dass für über 500 Millionen Euro ein Pilotprojekt für ganz Deutschland sein soll. Im grünen Licht der neoliberalen Ampelkoalition rüstet der Staat ohne großen Widerstand auf. Denn bis auf ein paar Krümmel wie das als »Bürgergeld« getarnte Hartz V hat er keine Antwort auf die sich zuspitzende soziale Ungleichheit, geschweige denn auf die internationalen Krisen.
Kein Fußbreit dem Faschismus – Antifa & Krisenprotest
Aktuell ist leider zu beobachten, dass Krisenproteste von rechten und faschistischen Kräften vereinnahmt werden – in Form der versuchten Beteiligung an linken Protesten oder auch eigenen Kundgebungen und Demonstrationen. Das betrifft unter anderem die AfD, klassische Nazis, rechte und verschwörungsideologische Kräfte aus dem Spektrum der »Querdenker« oder auch die rechtsoffene »Freie Linke«, die zur Corona-Pandemie sozialdarwinistische Positionen vertritt und kein Problem damit hat, mit Faschisten zusammenzuarbeiten. Die Ursachen der Krise werden dabei nationalistisch gedeutet: Die Sanktionen gegenüber Russland als Hörigkeit gegenüber den USA, die den Deutschen als solchen schaden würden. Übersehen wird von den rechten Akteuren dabei zweierlei: Zum einen verfolgt der deutsche europäische Imperialismus mit der Abkopplung von der russischen Wirtschaft, die mit einer verstärkten Abhängigkeit der Ukraine einhergeht, auch eigene Ziele. Dabei sind geopolitische Interessen und die Interessen des deutschen Kapitals oder zumindest seiner führenden Fraktionen entscheidend für die Politik, nicht die Interessen der einfachen Leute – ein Merkmal jedes bürgerlichen Staates. Zum anderen ist die Teuerung nicht einfach eine Folge des Krieges, die alle gleichermaßen trifft. Vielmehr wird die Verknappung einzelner Güter als Rechtfertigung genutzt, um allgemein die Preise zu erhöhen und damit die privaten Gewinne der Unternehmen zu garantieren. Der Verlierer ist dabei die arbeitende (und arbeitslose) Bevölkerung, die nun häufig Probleme hat, ihren Lebensunterhalt zu finanzieren. Und wie auch während der Corona-Lockdowns sind die Maßnahmen des Staates vor allem im Interesse der Reichen und der Unternehmen: Während die Menschen mit Einmalzahlungen ruhig gestellt werden sollen, während die Reallöhne weiter sinken, machen die großen westlichen Energiekonzerne Rekordgewinne oder werden, falls das einmal doch nicht der Fall ist, vom Staat gerettet, siehe Uniper. Gewerkschaften, die für Lohnerhöhung zumindest in Höhe eines Inflationsausgleichs streiken wollen, werden diffamiert, es sei der falsche Zeitpunkt, die Firmen weiter zu belasten. Gleichzeitig wird auch diese Krise von Rechten dazu genutzt, gegen Geflüchtete und Migrant*innen zu hetzen – eine Bevölkerungsgruppe, die besonders häufig in prekären Jobs arbeiten muss und daher besonders stark von den Auswirkungen betroffen ist.
Gegen diesen Klassenkampf von oben zu protestieren und sich zu organisieren, ist notwendig und ein explizit linkes Thema, das wir uns von den Faschisten nicht wegnehmen lassen sollten! Ein aktiver und entschlossener Antifaschismus ist auch in diesem Zusammenhang aus mehreren Gründen wichtig: Zum einen, weil die Rechten falsche Illusionen in die Rolle des deutschen Staates schüren und eine dringend notwendige grenzüberschreitende Solidarität verhindern. Zum anderen aber auch, weil wir verhindern müssen, dass rechte Organisationen und damit Gedankengut wie Rassismus, Antisemitismus oder Antifeminismus / Queerfeindlichkeit weiter an Boden gewinnen. Dem müssen wir eine Kultur der Solidarität entgegensetzen. Außerdem können wir uns auch ganz praktisch an Vorbildern in der näheren Vergangenheit orientieren: Während der Anti-Hartz-IV-Proteste in den 00er Jahren haben sich Linke nicht nur federführend beteiligt, sondern selbstverständlich auch Nazis von den Demos geworfen. Denn damals wie heute gilt: Antifaschismus und Klassenkampf sind keine Widersprüche, sondern bedingen einander.
No justice, no peace – abolish the police!
Mit den Black Lives Matter Protesten 2020 sollte ein neues Bewusstsein über rassistische Polizeigewalt und das Repressionssystem geschaffen werden. Stattdessen führt die bürgerliche Mitte Grundsatzdiskussionen über die Frage »ob es Rassismus überhaupt gibt« und stellt sich schützend vor den gewaltvollen Polizeiapparat. Auch in Deutschland nahmen tausende Menschen an den Protesten teil. Ganz anders dagegen war die Reaktion auf Polizeimorde in Deutschland. Wir stellen uns solidarisch an die Seite von Opfern von Polizeigewalt und staatlicher Repression, denn allein 2022 hat die deutsche Polizei mehr als 10 Menschen erschossen, zu Tode fixiert oder kaltblütig hingerichtet. Egal ob bei Zwangsräumungen, rassistischen Polizeikontrollen oder psychischen Ausnahmezuständen, die deutsche Polizei mordet und hat dabei keine Konsequenzen zu befürchten. Am 08.08.2022 wurde der 16.-jährige Mohammed Lamine Dramé von der Dortmunder Polizei erst mit Tränengas und einem Taser attackiert und dann 0,7 Sekunden später durch mehrere Schüsse kaltblütig ermordet. Wochen danach bröckelt und zerfällt der von der Dortmunder Polizei konstruierte rassistische Tathergang immer weiter und trotzdem laufen seine Mörder immer noch frei herum. Wo Bullen morden stellt sich der Staat schützend an ihre Seite. Es gibt in diesem System keine Gerechtigkeit, weder für die Opfer noch ihre Angehörigen.
Frauen kämpfen international – Gegen Faschismus, Krieg und Kapital!
Diesen Winter haben sich die Schlagzeilen von überfüllten Krankenhäusern, unterbesetzten Kitas und von fehlendem Pflegepersonal wieder überhäuft. In ganz Deutschland haben Krankenhauspersonal und Pflegekräfte gestreikt und immer wieder gewarnt, dass unser Gesundheitssystem kurz vor dem Zusammenbruch steht. Klassenkampf heißt auch feministisch-klassenpolitisch zu kämpfen, denn Frauen stellen nicht nur ein Großteil der Arbeitskräfte in allen sozialen Bereichen, bei miesen Arbeitsbedingungen und niedrigem Lohn, mit hoher Verantwortung und gesellschaftlicher Relevanz, sondern auch weiterhin einen Großteil der Care-Arbeit. Diese Ausbeutung hat System und verbindet die Unterdrückung von Frauen und queere Menschen mit Klasse in diesem kapitalistischen System. Kapitalismus bedeutet patriarchale Unterdrückung, sexualisierte Gewalt und ökonomische Ausbeutung von Frauen, Lesben, intersexuell, nicht-binäre, trans und agender Personen, kurz FLINTA*. Zu Klassensolidarität gehört auch der gemeinsame Kampf mit FLINTA* aus dem globalen Süden, deren Unterdrückung fester Bestandteil imperialistischer Herrschaft ist. Von Rojava, nach Chile, von den Philippinen bis in den Iran – FLINTA* führen den Kampf gegen die kapitalistischen Bedingungen und patriarchale Unterdrückung an vorderster Front. Dabei geht der Staat mit aller Gewalt und Repression besonders gegen mehrfach diskriminierte Menschen vor und setzt sexualisierte Gewalt als taktisches Mittel ein. Egal ob bei Abtreibung, Bildung oder Sexualität – patriarchale Unterdrückung setzt immer als Erstes bei der Selbstbestimmung von FLINTA* an. In Deutschland sowie international fluten Konservative und Rechte politische Akteur*innen die Medien mit queerfeindlichen Narrativen und Fehlinformationen, um systematische Unterdrückung zu verharmlosen und zu individualisieren. Daher müssen wir unsere Kämpfe weiter verbinden, gegen Patriarchat und Kapital.
Für einen Internationalistischen Antifaschismus!
Mit dem Wahlsieg des ultrarechten bis faschistischen Wahlbündnis von Giorgia Melonis Partei Fratelli d’Italia (FDI) in Italien im September 2022 gab es eine erneute kurze Debatte in den bürgerlichen Medien über das Erstarken rechter und faschistischer Parteien in ganz Europa. Dies hielt jedoch nicht lange an und auch die Bundesregierung war sich nicht zu schade, einer Faschistin öffentlich zu gratulieren. Ein Zusammenhang mit der kapitalistischen Krise wurde in der Mainstream-Debatte ebenfalls nicht hergestellt. Vielmehr wurde das Erstarken faschistischer Parteien durch Liberale vor allem als Dummheit des Pöbels verhandelt, wobei diesen inhaltlich entgegengekommen werden müsse. Dabei ist das Phänomen alles andere als neu. Schon seit 2010 ist Viktor Orbán mit der Fidesz-Partei in Ungarn an der Macht. Diese wurde unter anderem durch die schützende Hand bekannt, die sie vor Neonazis hielt, wenn diese Angriffe auf Minderheiten starteten. Auch eine antisemitische Agitation ist Orban nicht fremd, was ihn freilich nicht davon abhält, gute Kontakte zur rechten israelischen Regierung zu pflegen. Auch die verschiedenen Parteienkonstellationen um Marine Le Pen in Frankreich fahren seit Jahren hohe Wahlergebnisse ein und waren oft nur knapp von Wahlsiegen entfernt. Die Prawo i Sprawiedliwość (PiS) stellt in Polen seit 2015 die Regierung und steht vor allem für eine extrem LGBTIQ*-feindliche Politik. In den autonomen Gemeinschaften Kastilien und León in Spanien besteht seit dem Frühjahr eine Koalitionsregierung von der konservativen Partido Popular (PP) mit der faschistischen Partei Vox. Die Liste von einflussreichen rechten bis offen faschistischen Parteien und deren Aufstieg in den letzten Jahren ließe sich noch lange fortführen. Trotz dieser offensichtlichen Tendenzen wird die EU nicht müde, ihre angeblich an Menschenrechten orientieren Werte zu betonen und lässt gleichzeitig den türkischen Staat unter Recep Tayyip Erdoğan offen Krieg gegen die Kurd*innen in Rojava und Süd-Kurdistan führen.
Auch der Krieg in der Ukraine, der durchaus sehr unterschiedlich von rechten Akteur*innen bewertet wird, tat dem internationalem Austausch und Aufbau wenig bis kaum Abbruch. Selbst in Israel werden erstmalig offen zionistisch-faschistische Parteien in den Staatsapparat integriert, um das koloniale Erbe zu verteidigen. Der designierte Innenminister aus der umgewandelten faschistischen Kahane Partei (nach ihrem Verbot) kündigte an keinerlei Unterschiede mehr bei Extra-Liquidationen zwischen Politischen Wortführern und steinewerfenden Teenagern machen zu wollen, von denen seit Anfang des Jahres bereits 133 erschossen wurden.
Eine antifaschistische Antwort auf europäischer Ebene konnte bisher nur schwer gefunden werden. Die Bewegungen in den verschiedenen Ländern sind oft klein und isoliert und häufig von starker Repression betroffen. Diese Isolation gilt es zu durchbrechen und uns wieder mehr zu vernetzen. Sei es hierzulande durch die Zusammenarbeit mit Exil-Strukturen oder den Austausch in den jeweiligen Ländern. Wenn die extreme Rechte international agiert, müssen wir als Internationalist*innen das umso mehr tun.
Hinein in den antifaschistisch-internationalistischen Block auf der Luxemburg-Liebknecht-Demonstration 2023!
Sonntag, 15.01.2023 | 10:00 Uhr | U-Bahnhof Frankfurter Tor (Berlin-Friedrichshain)