Wenn mensch in Deutschland in der Metalszene unterwegs ist, schlägt einem immer wieder der Satz »Metal ist unpolitisch« entgegen. Abgesehen davon, dass ich dem Rosa Luxemburg entgegen halten würde, die sagte »Unpolitisch sein heißt politisch sein, ohne es zu merken!«, gibt es mit dem sogenannten Nacional Socialistic Black Metal längst eine Einfallpforte von Seiten faschistischer Kräfte. Da ich mich sowohl im Bereich progressiver, sozialistischer Haltungen verorte, als auch eine Affinität zum Metal aufweise, ist mir dies immer wieder ein Dorn im Auge. Auch wenn ich jetzt auf progressive Bands mit antifaschistischen Positionen wie Logar’s Diary oder Totenmond verweisen könnte, um den Diskurs über die Subkultur in Deutschland fortzusetzen, ist dies nicht die Intention dieses Textes. Viel spannender finde ich in diesem Moment, mich ein wenig mit der Metalszene hier in Kuba auseinanderzusetzen, wo die Zeit meines Aufenthalts langsam dem Ende zugeht. Auch hier gibt es natürlich die üblichen Holzköpfe und Machogehabe ist leider bei weitem kein Fremdwort. Dennoch ist es spannend, sich die Szene hier ein wenig genauer anzusehen. Es wird klar, Metal muss nicht unpolitisch sein…
Samstags gibt’s im Maxim Rock in Havanna Metal auf die Ohren. Seit der Neueröffnung des Konzertsaals am 10.11.2018 mit einem großartigen Konzert der Band Tendencia trifft sich die Szene hier wöchentlich. Das revolutionäre Kuba organisiert den Anlaufpunkt von staatlicher Seite – durch die Agencia Cubana de Rock – aus und sichert sich dadurch durchaus Sympathien. Einer der Metalheads, mit denen ich mich angefreundet habe ist Andy. Nicht nur, dass er sofort dabei war, mein Gedicht »alternativas« über verschiedene progressive Ansätze zur Überwindung der Diktatur des Kapitals zu vertonen, er äußert sich auch klar positiv zur partizipativen Demokratie in Kuba, von der die selbsternannten »Demokratien« der sogenannten »Freien Welt« viel lernen könnten, wenn sie dies denn wollten. Auch Kiko von Tendencia, der mir hier ebenfalls zum guten Freund geworden ist, supportet die hiesigen revolutionären Prozesse. So unterstützt er das Referendum zur Verfassungsreform, indem er im Fernsehen klar erklärte, für die Annahme der neuen Verfassung stimmen zu wollen. Immer wieder gibt es in der hiesigen Metalszene positive Bezüge auf die Revolution. Bands, die aus anderen Ländern des Kontinents eingeladen werden, sind ebenfalls progressiv eingestellt – so z.B. die Band Aztra aus Ecuador, welche die indigenen Bewegungen unterstützt und Freiheit nur durch einen revolutionären Kampf zu erringen sieht. Aus Deutschland werden eher Punkbands wie Dritte Wahl oder Hardcorebands wie COR und Düb eingeladen. Der politische Background ist wichtig, wenn eine Zusammenarbeit organisiert wird.
Zur kubanischen Punkszene, mit der der Metal hier lange Hand in Hand ging, beginnt sich indessen ein Graben aufzutun. Stumpfe Pöbeleien gegen den kubanischen Weg und unreflektierte Vergleiche des kubanischen Staates mit dem Faschismus, die jedwede Kenntnis der grausamsten, tyrannischen Ausprägung des Kapitalismus vermissen lassen, führen dazu, dass sich große Teile des hiesigen Punk als progressive Ausdrucksform Schritt für Schritt unglaubwürdig machen. So scheint es verkehrte Welt, wenn mensch dies aus dem deutschen Kontext heraus betrachtet. Wo die Provokation des Etablierten in einem kapitalistischen Land klar progressiv ist, wird sie zur Farce, wenn das Etablierte revolutionäre Ansätze und basisdemokratische Politik sind. Der Metal supportet diese Prozesse hier und wird von ihnen supportet. Er ist politisch.
Der Artikel findet sich auf dem Blog vom Proyecto Tamara Bunke unter meinen Artikeln: https://berichteaushavanna.de/2019/03/13/metal-nicht-unpolitisch/