Tag Archiv für arbeit & gewerkschaft

Kurzbiografie: Buenaventura Durruti

Folgenden Text schrieb ich für das internationalistische Gedenkprojekt »Kämpfen & Gedenken« rund um mein gleichnamiges Musikvideo:

Buenaventura Durruti Dumange (14.07.1896-20.11.1936) wurde als Sohn einfacher Arbeiter*innen in León in Kastilien im Nordwesten Spaniens geboren und trat ebenso wie sein Vater und seine sieben Brüder einen Job bei der Eisenbahn an. Mit 14 Jahren arbeitete er unter schlechten Bedingungen als Gießer und Schlosser. Von der Gewerkschaft Unión General de Trabajadores (deutsch: Generalunion der Arbeiter*innen; kurz: UGT) wechselte er, nachdem ein Generalstreik 1917 von der Armee blutig niedergeschlagen worden war, in die radikalere Confederación Nacional del Trabajo (deutsch: Nationale Konföderation der Arbeit; kurz: CNT). In den folgenden Jahren ging er mehrfach ins Exil, um dem Militärdienst sowie der Repression durch den Polizeiapparat zu entgehen. Seine Reisen führten ihn unter anderem quer durch Lateinamerika.

Anfang der 1930er-Jahre begann die Zusammenarbeit der CNT mit der Federación Anarquista Ibérica (deutsch: Iberische Anarchistische Föderation; kurz: FAI), die rund um Durruti als militanter Arm Sabotageaktionen ausführte. 1936 unterstützte die CNT/FAI, welche zuvor immer zum Boykott der Wahlen aufgerufen hatte, ein Volksfrontbündnis aus sozialdemokratischen, kommunistischen und bürgerlichen Parteien – die Frente Popular. Die CNT/FAI hatte unter dem Eindruck des Wahlsiegs eines rechten Bündnisses 1933 – der Frente Nacional (deutsch: Nationale Front; kurz: FN) und des aufziehenden Faschismus in Spanien von einem allgemeinen Wahlboykott abgesehen. Am 16.02.1936 gewann diese die Wahlen und Juan Negrín Lopez wurde neuer Regierungschef der seit 1931 existierenden Zweiten Spanischen Republik. Im Juli versuchten faschistische Militärs um den General Francisco Franco einen Militärputsch, dem sich jedoch die Bevölkerung, welche sich z.B. um die CNT/FAI selbst bewaffnet hatte, entgegenstellte. Unterstützt durch Truppen und Militärgeräte aus Italien und Deutschland sowie ermutigt durch die Appeasement-Politik von Frankreich und England, die Mussolini und Hitler auf der Seite von Franco zwar gewähren ließen, eine Militärhilfe der Sowjetunion für die Zweite Republik jedoch zu verhindern suchten, begannen die Putschisten einen mörderischen Bürgerkrieg, bei dem sie fest auf das internationale Kapital und die katholische Kirche setzen konnten, die alles dafür taten, die demokratisch gewählte Linksregierung zu beseitigen.

Von Seiten der CNT/FAI aus setzte sich Durruti sehr für einen gemeinschaftlichen, antifaschistischen Kampf der Anarchist*innen in Katalonien und der Sozialdemokrat*innen und Kommunist*innen in der spanischen Zentralregierung ein. So kam er der belagerten Hauptstadt Madrid im November 1936 zusammen mit einer Kolonne aus Barcelona zur Hilfe. Während der Schlacht wurden ca. 5000 Menschen von den Faschisten ermordet. Ob Durruti durch eine Kugel der Faschisten starb oder ob ihn der stalinistische Geheimdienst der Sowjetunion getötet hat, ist bis heute umstritten. Der Verlust von Durruti mit seinem Bestreben um einen gemeinsamen Kampf fortschrittlicher Kräfte hat ebendiese im weiteren Verlauf des Spanischen Bürgerkrieges geschwächt.

Siehe auch »Die Aufstände von Kronstadt (1921) und Barcelona (1937) in der Rezeption von Marxist*innen und Anarchist*innen«.

weniger statt mehr

»alle einsteigen bitte.«
ins gedräng‘ der bahn hinein,
die masse schiebt mich in die mitte,
zur arbeit hin. ich will nicht, nein.

doch nach wollen nicht gefragt,
muss ich wohl des weges geh’n
und weil noch die geldnot an mir nagt,
werd‘ ich auch nach zusatzschichten seh’n.

dies gleicht einer bettelei.
kürzer treten, sollen wir.
was mit mir geschieht ist einerlei,
nur der wirtschaft »nöte« gelten hier.

»alle aussteigen bitte.«
für mehr arbeit wollt‘ ich mehr.
stattdessen gab’s verbale tritte.
sag, wo nehm‘ ich nun die miete her?

 

Creative Commons CC BY-NC-ND by Meas Wolfstatze
(geschrieben am 16.11.2017,
aus der »Geschichte von Alex und Sascha«)

was uns gehört – alles wird zu geld

»Alles wird zu Geld.« So und nicht anders funktioniert das kapitalistische System. Kein Grund, sich nicht auch im Kleinen gegen die Symptome dieses Systems zu stellen. Wenn z.B. der rot-rot-grüne Senat von Berlin (inklusive einer angeblich linken Partei) eine Ausgliederung von berliner Schulgrundstücken an eine GmbH und somit eine Privatisierung eben dieser plant, dann sollte sich dem in den Weg gestellt werden. Dies geschieht z.Zt. im Rahmen einer Volksinitiative von »Gemeingut in BürgerInnenhand«. Von mir gibt’s als Support ’nen Gedicht, das sich auch gegen »Schulen mit beschränkter Haftung« stellt:

wem gehören denn die häuser?
sie gehören uns!
sag mir, wem denn die fabriken?
sie gehören uns!
wem gehören all‘ die schulen?
sie gehören uns!
und wem denn dieses leben?
auch dieses gehört uns!

sie vekaufen uns’re häuser;
wohnraum wird zu geld.
wir malochen in fabriken;
arbeit wird zu geld.
schulen mit beschränkter haftung –
bildung wird zu geld.
im leben zählt nur der profit;
auch dieses wird zu geld.

lasst uns nehmen uns’re häuser;
sie gehören uns!
und erstreiken die fabriken;
sie gehören uns!
ja, verteidigt auch die schulen;
sie gehören uns!
wir fordern unser leben;
auch dieses gehört uns!

 

Creative Commons CC BY-NC-ND by Meas Wolfstatze
(geschrieben am 13.12.2017)

Kurzerklärung Kapitalismus (Selbstverständnis des Hausprojekts Wilder Vogel)

Für das Hausprojekt Wilder Vogel ist nun ein Selbstverständnis entstanden, an dessen Entstehung ich als Teil eines Autor*innen-Kollektivs beteiligt war. Der erste Text aus dem Selbstverständnis, den ich hier veröffentlichen möchte ist eine Kurzerklärung zum Kapitalismus.

Der Kapitalismus ist ein durch Ausbeutung und Unterdrückung funktionierendes Wirtschaftssystem, das auf wirtschaftlichem Wachstum und damit der Anhäufung von Kapital, sprich von Privateigentum an Produktionsmitteln (Geld, Immobilien, Maschinen, Ressourcen etc. – also alle Dinge, die zur Produktion von Konsumgütern benötigt werden) basiert. Menschen ohne solch ein Privateigentum an Produktionsmitteln werden Arbeiter*innen (Arbeiter*innenklasse) genannt, weil sie ihre Arbeitskraft verkaufen – also hergeben – müssen, um von ihrem Lohn das zu bezahlen, was sie zum Überleben brauchen. Diese Form von Arbeit wird Lohnarbeit genannt und ist von einem krassen Abhängigkeitsverhältnis geprägt, denn diejenigen, die ihre Arbeitskraft hergeben müssen, sind darauf angewiesen, dass jene, die sie nehmen, sie bezahlen. Menschen, die keiner Lohnarbeit nachgehen (sei es z.B. auf Grund von Alter, wegen einer körperlichen oder seelischen Beeinträchtigung oder durch ihre Ausbildung), haben es extrem schwer, die überlebensnotwendigen Dinge (Nahrung, Wohnraum, Wasser etc.) zu bekommen, was die Menschen innerhalb dieser Gesellschaft in die Abhängigkeit zwängt, sich und ihre Arbeitskraft zu vermarkten. Jene am Rande der Gesellschaft bleiben dagegen häufig in bitterer Armut zurück. Weiterlesen

lebensabend

nach einem harten arbeitsleben,
ausgesaugt durch lohnarbeit,
bekommst zum seien nicht genug gegeben,
hast ja zum flaschensammeln zeit.

so ist es halt, so nimm es hin.
bist‘ aufgebraucht.
das macht schon sinn;
bist gegen and’re sklaven ausgetauscht.

und sag jetzt nichts von menschlichkeit.
die gibt’s hier nicht,
in keiner zeit.
profit ist uns’re pflicht.

und wenn du schneller sterbest dann,
an diesem hungerspiel,
der staate sicher freut sich dran;
auch das bisschen rent‘ ist schon zuviel.

 

Creative Commons CC BY-NC-ND by Meas Wolfstatze
(geschrieben am 01.06.2016)

lohnarbeit

nur wer lohn nachhause trägt,
darf die eig’ne arbeit arbeit schimpfen.
denn arbeit ist nur arbeit dann,
wenn sie mehret den profit.

nicht um’s schaffen geht es dort,
nicht um nutzen und berufung,
nur, dass jene reicher werden,
die sie nehmen, ärmer all‘ die, die sie geben.

und die menschen sind nur jenes wert,
was aus ihrer arbeitskraft gewonnen.
so die logik des profits;
drum verkauft euch oder schweiget!

 

Creative Commons CC BY-NC-ND by Meas Wolfstatze
(geschrieben am 29.05.2016)

Vivir la Utopía – Die Utopie leben

2016-07-26-vivir-la-utopia-CNTDiesen Juli jährt sich der Beginn des Spanischen Bürgerkrieges zum 80. Mal. Ein Anlass, zu dem es im Lichtblick Kino eine Filmreihe mit dem Titel »A las Barricadas – Bürgerkrieg und Revolution in Spanien 1936–1939« gibt, bei der auch der Film »Memoria Viva – Lebendige Erinnerung« zum ersten Mal gezeigt wird. Auch die Fachschaftsinitiative (FSI) Geschichte an der »Freien« Universität Berlin greift im Rahmen des Histo-Kinos in diesem Monat die Thematik auf. Gezeigt wird der Film »Vivir la Utopía«. Dazu gibt’s ’nen kleinen Input von mir. Das ganze findet am Dienstag den 26.07.2016 ab 20:00 Uhr im Projektraum H48 (Hermannstr. 48, 12049 Berlin) statt. Ich würde mich freuen, wenn ihr da vorbei schauen mögt.

Aus dem Teaser der FSI Geschichte:
DIE UTOPIE LEBEN behandelt die Spanische Revolution und wirft einen Blick auf die anarchistische Bewegung in Spanien. Der Film zeigt bislang wenig bekannte Seiten der radikalen gesellschaftlichen Veränderungen, die sich während des Bürgerkriegs von 1936 bis 1939 in den republikanischen Gebieten zutrugen.

Darum geht’s: Zeitzeug_innen aus den Reihen des spanischen Anarchismus berichten über ihre Erfahrungen. Gesprächspartner sind 30 Überlebende der Spanischen Revolution aus allen Teilen des Landes. Sie waren alle in der anarchistischen und anarcho-syndikalistischen Bewegung aktiv und hatten verschiedene Aufgaben und Verantwortungsbereiche. Viele von ihnen lebten 1997 noch im Exil in Frankreich, Kanada, Mexiko und Venezuela. Sie sind eigens nach Spanien gekommen, um Zeugnis abzulegen.

Der Dokumentarfilm gibt einen Überblick über die Geschichte der anarchistischen Bewegung seit dem 19. Jahrhundert, die Gründung der CNT (Confedéración Nacional del Trabajo) und der FAI, die Rolle von Kultur und Erziehung, die Vielfalt der Ideen und Aktivitäten im Vorfeld der Zweiten Republik, den Staatsstreich der Militärs, der sowohl einen Krieg als auch eine Revolution auslöste, und insbesondere über die Einrichtung und das Funktionieren der Kollektivbetriebe in den ländlichen und städtischen Gebieten. Er schließt mit der Niederlage des republikanischen Lagers im Jahre 1939, die der Revolution ein Ende bereitete.

Veranstaltung ist kostenfrei und barrierearm zu erreichen. Für kühle Getränke ist gegen Spende gesorgt.

Sollbruchstellen im Gefahrengebiet

Eine Woche bevor wir uns an der neuen Platte der Früchte des Zorns erfreuen können, gibt’s ab heute mit »Sollbruchstellen« eine sehr gelungene Scheibe von Geigerzähler auf die Ohren. Deren Record Release Party findet nämlich ab 20:00 Uhr in der Rigaer 94 statt. Ich durfte heute schonmal Probe hören, um mit diesem Post nun Appetit zu machen, heute Abend vorbei zu kommen und sich die CD zu schnappen.

Inhaltlich startet die Scheibe mit dem verschwenderischen Umgang mit Ressourcen, welchen der Kapitalismus an den Tag legt und der im titelgebenden Song angeprangert wird. Mit »Leichen im Keller« folgt ein Titel, der zur Selbstreflexion anregt. Anschließend kommt einer der gefühlten Schwerpunkte des Albums… »Fettchenhauers Alptraum« und »Subsubsub« thematisieren den Gewerkschaftskampf der FAU gegen Fettchenhauer und seine »Mall of Shame«. Das macht mir Lust auf die Zeit der Kirschen zum Thema Arbeit & Gewerkschaft am 01.06.2016 in der Bunten Kuh, bei der neben Alex und anderersaits hoffentlich auch Geigerzähler dabei sein wird. Weiter geht’s mit »Auf der Reichsflugscheibe zum Frieden« und »Is Peggy da?«, die die Verschwörungstheoretiker*innen von Pegida, AFD und Co. auf’s Korn nehmen, und dem neuvertonten, alten Track »Klarstellung« von der vergangenen Kombo Köterkacke.

»Das Land, das es nicht mehr gibt« finde ich persönlich wahnsinnig stark. Das bringt Gefühle rüber, die ich selber kenne, wenn ich über die DDR nachdenke und die, soweit ich weiß auch viele andere teilen, die einen Teil ihres Lebens (und sei er auch noch so kurz) dort verlebt haben. Die letzten drei Lieder behandeln dann (mehr oder weniger) linke Subkultur. »Glanz und Elend« nimmt dabei eine umfassendere Betrachtung ein, wogegen »Gefahrengebiet« die ganz alltägliche Scheisze, die zur Zeit in der Rigaer Str. passiert, ins Zentrum rückt. »Drei ältere Herren« kann als Aufforderung verstanden werden, »mit offenem Herzen und immer fragend vorwärts« zu gehen, um nicht irgendwann als altlinke Sektierer*innen im eigenen Stumpfsinn unterzugehen. Ein fettes Danke für diese auch musikalisch eingängige Platte, in der Geigerzähler uns mal wieder zeigt, was er mit Worten und der Geige so alles drauf hat.

Übrigens werde ich spontan auch dabei sein und ein paar Gedichte zum Besten geben. Freue mich auf alle, die mitfeiern wollen. Die Erlöse gehen passend zu den Inhalten an die FAU und die Antirepressionskasse im Gefahrengebiet.

freiheit

es zieh’n an uns die ketten,
an dir und auch an mir.
nichts wird uns jemals retten,
wenn nicht zusammenstehen wir.

IWW & FAU,
one big union, one big fight.
komm auch du zu uns hinzu,
zum kampf, der uns befreit.

auch wenn das ziel noch fern
und der weg scheint allzu schwer,
müssen wir an uns’ren ketten zerr’n.
freiheit entsteht durch gegenwehr.

 

Creative Commons CC BY-NC-ND by Meas Wolfstatze
(geschrieben am 17.03.2015)